Die Zukunft der digitalen Gesundheit ist weiblich

Dank des technologischen Fortschritts und aktuellen Gesetzesänderungen sieht die Zukunft der digitalen Gesundheit in Deutschland rosig aus – insbesondere für den Bereich der Frauengesundheit, bestätigt Florian Weber, Chief Commercial Officer von SevenVentures.

Digitale Gesundheit: eine boomende Branche

Die digitale Gesundheitsbranche ist aktuell auf einem rasanten Vormarsch und die Investorengemeinschaft reagiert entsprechend. Dank Telemedizin, bei der Ärzte den Patienten per Videokonferenz Sprechstunden anbieten können, erhalten Patienten weitaus schneller eine angemessene Versorgung. Erst diesen Monat hat das schwedische Telemedizin-Startup KRY 140 Millionen Euro an Finanzmitteln erhalten. Apps zur psychischen Gesundheit haben sich als eine wirksame Alternative erwiesen, falls das Warten auf eine psychologische Therapie zu lang oder zu teuer ist. Im vergangenen Jahr wurde die US-App Calm mit einer Investition von 88 Millionen Dollar bei einer Bewertung von einer Milliarde Dollar zum ersten Einhorn weltweit im Bereich psychische Gesundheit. Wearables wie Fitbits und Direct-to-Consumer-Medizinprodukte sorgen inzwischen dafür, dass immer mehr Daten von den Patienten zur Verfügung stehen. Als Folge davon hoffen die Fachleute darauf, hiermit die Behandlung besser personalisieren zu können. Das Gesundheitswesen hat sich bisher zwar nur langsam an die digitale Innovation angepasst, scheint aber endlich aufzuholen. 


Deutschland ist bereit für die digitale Gesundheit

Nach Jahren der Stagnation und wenig Innovation verändert sich der deutsche Gesundheitsmarkt. Mit dem Digitalen Versorgungsgesetz (DVG) 2019 können Ärzte den Patienten künftig digitale Gesundheitsanwendungen verschreiben, die von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden können. Außerdem können Ärzte Geld für die Online-Beratung von gesetzlich versicherten Patienten erhalten. Sie dürfen auf ihren Websites nun Informationen via Video- und Online-Beratung zur Verfügung stellen, während sie diese bisher nur in Privatgesprächen anbieten konnten. Die Gesetzgebung zielt auch darauf ab, auf die Verwendung von Papier durch die Förderung von E-Rezepten zu verzichten. Diese Beispiele zeigen, dass die Regierung die Digitalisierung des Gesundheitswesens konsequent vorantreibt. Tatsächlich will Deutschland auch während seiner EU-Ratspräsidentschaft in diesem Jahr sowohl die digitale Gesundheit als auch die künstliche Intelligenz zu europäischen Prioritäten machen.


Warum die Zukunft weiblich ist

Diese Technologien und Gesetzesänderungen bieten zweifellos großes Potenzial. Ebenso viel Potenzial liegt in der Gesundheit und Fruchtbarkeit von Frauen. Erstens aufgrund der Marktgröße: Das globale Marktvolumen für Fertilitätsdienstleistungen wird laut CBInsights bis 2023 voraussichtlich einen Wert von 30 Milliarden Dollar erreichen. Zweitens ist Frauengesundheit nicht nur ein Gesundheits-, sondern auch ein Lifestyle-Thema – und viele Experten schätzen, dass die Menschen bereit sind, für Lifestyle-Produkte mehr zu bezahlen als für Gesundheitsprodukte. Drittens ist die Frage nach der Fruchtbarkeit ein hochemotionales Thema. Und viertens haben Frauen die Hoheit über das Haushaltsbudget – laut der Forschungsfirma Frost & Sullivan tätigen die Frauen 80 Prozent der Haushaltsausgaben im Bereich Gesundheit. Beispiele für digitale Fruchtbarkeitsprodukte sind Ava, eine Kombination aus Wearable und App, mit der Frauen ihre Fruchtbarkeitszyklen verfolgen können, sowie she’s well, ein flexibles, auf einem Abonnement basierendes Modell, das unter anderem Dienstleistungen wie das Einfrieren von Eizellen anbietet. 

Doch was treibt Innovationen im Bereich der Frauengesundheit voran? Zunächst würden viele dieser Wearables und Tracking-Produkte ohne Vernetzung nicht funktionieren. Zweitens werden Fragen der Fruchtbarkeit heutzutage mit der Zunahme von Online-Foren und -Ressourcen weitaus breiter diskutiert als früher. Und schließlich herrscht generell ein größeres Verständnis und Einfühlungsvermögen gegenüber Frauen, die sowohl eine Familie als auch eine Karriere anstreben und ihr Leben dementsprechend organisieren wollen. 

Aber die Fruchtbarkeit ist nicht der einzige Bereich, der vom Anstieg der digitalen Gesundheitsprodukte für Frauen profitiert. Eine ganze Reihe von vernetzten Produkten widmet sich den Frauen: von der natürlichen Verhütungsplanung via App über Sensoren zur Messung von Wehen bis hin zu intelligenten Milchpumpen, die den Milchbestand tracken. Viele Fruchtbarkeitsprodukte bauen zudem ihr Angebot aus, um einen noch größeren Teil des weiblichen Lebenszyklus abzudecken. Flo Health beispielsweise startete als reine Fertilitätsverfolgungs-App, deckt nun aber sämtliche Aspekte der weiblichen Gesundheit ab – inzwischen bietet die App sogar ein Tool, dass das Risiko einer Benutzerin bewertet, am polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) zu erkranken. Ava sammelte 2018 ganze 30 Millionen Dollar ein, um sein Angebot auf weitere Aspekte der weiblichen Gesundheit einschließlich der Verhütung und der Wechseljahre auszuweiten. 

Digitale Gesundheit ist also aktuell ein zentraler Trend – aber insbesondere digitale Gesundheitsprodukte für Frauen haben ein enormes Potenzial. Wir werden die zukünftigen Entwicklungen in diesem Bereich genauestens im Blick behalten!

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Florian Weber ist Chief Commercial Officer bei SevenVentures. Vor SevenVentures arbeitete er u. a. für einen der größten Verlags- und Medienkonzerne Deutschlands sowie für eine weltweit führende Großbank. Er ist ein Experte für Media Impact Analyse.

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