In Anbetracht des aktuellen Krieges ist es schwer, den Blick auf andere Dinge zu richten. Dennoch: Heute ist der Weltfrauentag 2022. Ein Tag, an welchem international die Rechte aller Frauen zelebriert werden. Der diesjährige Internationale Frauentag steht ganz im Zeichen der Solidarität mit den Frauen in der Ukraine, Russland und allen Frauen in Kriegs- und Krisengebieten weltweit. Ihnen gilt heute unser ganz besonderer Respekt.
In diesem Artikel möchten wir insbesondere einen Blick auf Frauen im Marketing und in Führungspositionen anderer Branchen werfen. Wie sieht die Entwicklung aus? Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie dabei und wie zeigt sich die Frauenquote im internationalen Vergleich?
Frauen in leitenden Funktionen – Deutschland hinkt hinterher
In den deutschen Vorständen gibt es im Jahr 2022 mehr Frauen als je zuvor, dennoch sind wir in Deutschland von einer ausgewogenen Verteilung zwischen Frauen und Männern in Führungspositionen noch weit entfernt. Auch im internationalen Vergleich hinkt Deutschland hinterher.
Eine Statistik der AllBright Stiftung, die sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft einsetzt, gibt an, dass 2021 nur 23 Prozent aller deutschen Unternehmen mindestens zwei Frauen im Vorstand sitzen haben. Spitzenreiter sind hier die USA und Frankreich, welche mit 97 Prozent und 83 Prozent nahezu in allen Unternehmen mindestens zwei Frauen in der obersten Führungsetage positioniert haben.
Laut Statista waren im Jahr 2020 in Lettland rund 46,6 Prozent aller Führungspositionen im Land mit Frauen besetzt und stand damit an der Spitze aller EU-Mitgliedstaaten, was die Frauenquote angeht. Im Durchschnitt der Staaten waren 34,3 Prozent der Führungskräfte weiblich. Auch hier lag Deutschland mit 28,4 Prozent weit unter dem Durchschnitt.
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
Abseits der Quote ist es von Bedeutung, dass Unternehmen Gleichberechtigung und Diversität als wichtigen Erfolgsfaktor für ihre Unternehmenskultur sehen und dementsprechend handeln. Die ProSiebenSat.1 Group hat beispielsweise die Charta der Vielfalt unterzeichnet und ist Teilnehmer des Deutschen Diversity Tages. Unter #femalecareers kommen Frauen aus der Company regelmäßig zu Wort. Im Unternehmen ist man überzeugt davon, dass vielfältig zusammengesetzte Teams komplexe Aufgaben besser lösen können und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kund:innen noch besser verstehen. Zur Diversität trägt auch ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern unter allen Beschäftigten sowie in Führungspositionen bei. 2020 waren 49,2 Prozent (Vorjahr: 49,4 Prozent) der Mitarbeiter:innen im Konzern weiblich.
Weibliche CMOs noch unterrepräsentiert
Wirft man einen spezifischen Blick auf die deutsche Marketing-Branche, wird ebenso deutlich, dass weibliche CMOs unterrepräsentiert sind. Eine Studie der PricewaterhouseCoopers GmbH zeigt, dass im Jahr 2019 lediglich rund 32 Prozent der leitenden Fachfunktion im Marketing von Frauen geführt wurden. In Spitzenpositionen befanden sich davon nur 6 Prozent. Die Ergebnisse der Studie zeigen allerdings auch, dass Frauen in der Marketing-Branche deutlich öfter in Führungspositionen und im Top-Management vertreten sind als in anderen Bereichen wie beispielsweise in der Forschung und Entwicklung (21 Prozent) oder der Logistik (14 Prozent).
Spitzenpositionen im Marketingbereich sind dennoch in Deutschland noch immer klar männerdominiert. Die Genderstudie Frauen und Männer im Online-Marketing 2020 von “klickstream.de” ergab, dass von 125 untersuchten Agenturen, mit 247 Menschen in Positionen wie Geschäftsführung, Inhaberschaft und/oder Aufsicht lediglich 19 Frauen sind. Auch die Leitung fachlicher Abteilungen besetzen deutlich mehr Männer. Immerhin sind hier von 248 Personen in Head of- oder Teamleitung-Positionen 97 weiblich.
In Nordamerika sieht die Lage deutlich besser aus. Hier zeichnet sich ein Aufwärtstrend von Frauen in Führungspositionen ab. Eine aktuelle Studie von LinkedIn zeigt, dass in Nordamerika der Anteil der weiblichen CMOs im Jahr 2019 auf 2020 von 47 Prozent auf 52 Prozent anstieg. Neue Daten der Untersuchung belegen zudem, dass 60 Prozent aller Beschäftigten in der nordamerikanischen Marketing-Branche Frauen sind, welche hier auch in führenden Positionen wie in der Rolle des Director (53 Prozent) oder Manager mit 53 Prozent und 59 Prozent vertreten sind. Es bleibt zu hoffen, dass der positive Trend aus den USA irgendwann auch den Sprung über den Ozean schafft.
Corona-Pandemie sorgt für Rückschritt in alte Rollenbilder
Dass in den Köpfen unserer Gesellschaft noch immer ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern herrscht, zeigt auch die Corona-Pandemie noch mal deutlich. Die Krise hat den Alltag vieler Menschen auf den Kopf gestellt und vor allem Familien mit Kindern mussten sich im Lockdown aufgrund von Homeoffice und Homeschooling neu organisieren.
Bei der Darstellung des “neuen” Alltags wurde auf alte Stereotypen und Rollenbilder zurückgegriffen. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie von iStock. Die Download-Daten von Kunden aus 2020 offenbarten, dass zum Beispiel beim Thema Homeschooling dreimal so viel Bilder heruntergeladen wurden, auf denen die Mutter die schulische Betreuung übernimmt, als solche, auf denen der Vater mit den Kindern zu sehen ist.
Und auch eine Untersuchung der Universität Koblenz-Landau aus dem gleichen Jahr zeigt, dass sich in 81 Prozent der Fälle die Mutter um das Homeschooling und die Kindererziehung kümmern musste, während sie selbst im Homeoffice arbeitet.
Eine Aufgabenteilung soll laut der Studie zwischen Eltern selten stattfinden. Prof. Dr. Anja Wildemann von der Uni Koblenz-Landau erklärt dazu gegenüber “onlinemarketing.de”:
“Ich befürchte, dass unsere Gesellschaft in Bezug auf Gleichberechtigung und Chancengleichheit eben noch längst nicht so weit ist, wie wir das gerne hätten. Die Coronakrise hat damit im Grunde nur offengelegt, was vorher vielleicht noch stärker verdeckt geblieben ist.”
Der Weltfrauentag 2022 – in diesen Bundesländern gilt er als Feiertag
Auch wenn die Verteilung von männlichen und weiblichen Vertretern in Führungspositionen noch sehr ungleich ist, ist es umso wichtiger, diesen Umstand als Motivation für ein Umdenken und Veränderung zu sehen. Am Weltfrauentag demonstrieren Frauen weltweit für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung von Frauen. Bislang ist Berlin das einzige Bundesland, in welchem der Internationale Frauentag seit 2019 als gesetzlicher Feiertag gilt. Ab dem Jahr 2023 soll er auch in Mecklenburg-Vorpommern ein gesetzlicher Feiertag werden. Ob andere Bundesländer in Zukunft auch noch nachziehen, bleibt abzuwarten.
Mitte Februar 2022 ging dieses Foto um die Welt: Etwa 30 Männer – keine einzige Frau. Michael Bröcker (Chefredakteur von „The Pioneer“) hatte diese Aufnahme von der Münchner Sicherheitskonferenz auf Twitter gepostet und bekam viel Resonanz.
Dieses Bild ist wie aus einer anderen Welt. Es ist aber keine andere Welt. Es ist Realität im Jahr 2022. So sieht das CEO Lunch auf der #MSC2022 aus. Hier ist Macht und hier fehlen Frauen. Wir haben noch sehr viel zu tun. Foto via @MichaelBroecker pic.twitter.com/rb7U3yABDI
— Sawsan Chebli (@SawsanChebli) February 19, 2022
Wie die SPD-Politikerin Sawsan Chebli in ihrem Tweet schon sagt:
Wir haben noch sehr viel zu tun.