Mehr als 100 Milliarden Euro Umsatz wird der deutsche Einzelhandel voraussichtlich 2018 zu Weihnachten erzielen. Das entspricht fast 20 Prozent des gesamten Jahresumsatzes. Für viele Marken sind daher die Wochen vor Weihnachten die wichtigsten. Kein Wunder also, dass die TV-Werbeblöcke regelrecht von einer Lawine an Weihnachts-Spots überrollt werden. Wie können Marken durch Weihnachtsspots profitieren und was sind die Schlüsselelemente einer erfolgreichen TV-Festtagskampagne?
Für welche Marken ist ein Fernseh-Spot zu Weihnachten geeignet?
Wie die eigens produzierten Werbespots beim Super Bowl in den USA, gehören gute Weihnacht-Spots zu einer Form von Werbung, die Menschen tatsächlich gern sehen wollen. Der Weihnachts-Spot ist zu einer Form der Unterhaltung geworden, die man gern mit Freunden teilt und wie den neuesten Kinofilm diskutiert.
Es sind vor allem Supermärkte und Einzelhandelsketten, die hochpreisige TV-Spots für diese Jahreszeit produzieren. Klar, gutes Essen und gute Geschenke sind die vermeintlichen Zutaten für ein gelungenes Weihnachtsfest. Dabei können auch gänzlich andere Marken vom Weihnachtszauber profitieren. Denn Weihnachten liefert den Stoff, aus dem sich jede Menge emotionaler Kampagnen kreieren lassen: ein harmonisches Zusammensein mit der Familie, anderen etwas Gutes tun, sich besinnen, nach innen blicken, sind nur einige davon. Solange sich das Produkt mit den „universellen Wahrheiten“ der Weihnacht verbinden lässt, kann jede Marke und jedes Produkt auf den Rentierschlitten aufspringen.
Was bringt ein toller Weihnachtsfernseh-Spot?
In seiner regelmäßigen Kolumne für The Restless CMO schreibt Oli Dietrich diesen Monat, dass Weihnachts-Spots oft nur dem „Weihnachts-Spirit“ helfen. Die für Marken jedoch viel wichtigere Frage ist, ob sich solche Spots auch positiv auf den Umsatz auswirken?
Aktuell gibt es hierzu nur wenig Zahlen – allerdings gibt es ein interessantes Beispiel aus dem Vereinigten Königreich: John Lewis, eines der exklusivsten Kaufhäuser des Landes, veröffentlicht jedes Jahr zur Weihnachtszeit einen immens aufwändig produzierten Werbespot, der nicht nur in Werbekreisen als das Nonplusultra angesehen wird. Das Unternehmen wirbt nur wenig zu anderen Zeiten des Jahres und investiert stattdessen stark ins Weihnachts-Marketing. Die Spots zeigen dabei selten etwas aus der eigenen Produktlinie, der Fokus liegt auf perfektem Branding. Wenn doch mal eigene Produkte im Spot vorkommen, sind diese angeblich innerhalb von Stunden ausverkauft.
Im Jahr 2016 rührte John Lewis die Welt mit der Geschichte von #BusterTheBoxer, einem Familienhund der auf einem Trampolin springt (eigentlich das Weihnachtsgeschenk für die Kinder). Die Produktion soll 7 Millionen Pfund gekostet haben, und die zahlten sich aus. In den sieben Tagen vor Weihnachten stieg der Umsatz laut Unternehmensangaben um 36 Prozent auf 175 Millionen Pfund.
Natürlich lässt sich daraus kein Automatismus ableiten, dennoch zeigen die Zahlen, was mit der richtigen Idee und Ausführung möglich ist.
Bei einer gelungenen Kreation wirkt ein Spot weit über die Weihnachtszeit hinaus. Jedes Jahr aufs Neue einen der Lieblings-Weihnachtswerbefilme des Landes zu kreieren, hat natürlich auch Einfluss auf den langfristigen Markenwert eines Unternehmens.
Gute Weihnachts-Spots erregen nicht nur im TV Aufmerksamkeit, sondern erzeugen auch in den sozialen Medien Buzz. Viele Marken, wie in diesem Jahr zum Beispiel Otto, veröffentlichen längere Schnittfassungen ihrer Filme zuerst online, begleitet von Hashtag-Kampagnen, und Microsites, auf denen Fans Artikel kaufen und digitale Postkarten versenden können. So können Unternehmen die Interaktion mit ihrer Marke erhöhen und eine breitere Zielgruppe ansprechen.
Was macht einen guten Weihnachtsfernseh-Spot aus?
• Storytelling: Das fängt bei der Weihnachtsgeschichte an und geht bis zu „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Ein guter Weihnachts-Spot erzählt eine gute Geschichte. Interessanterweise scheint dies, insbesondere in den letzten Jahren, auf Kosten des Produkts zu gehen. In Olis Creative Verdict beschäftigt sich Oli Dietrich mit dem diesjährigen TK Maxx-Spot „Der gigantische, niemals endende Weihnachts-Strumpf“. Dieser Werbung gelingt beides: eine festliche Geschichte zu erzählen und dabei das Produkt nicht aus den Augen zu verlieren.
• Emotionen: Weihnachten ist emotional maximal aufgeladen. Mit einem Adventskalender fiebern wir 24 Türchen dem Fest entgegen. Wir feiern 4 Adventssonntage. Wir haben kleine, persönliche Rituale: das Haus dekorieren, Plätzchen backen, den Baum schmücken. Wo große Erwartung, da lauert auch große Enttäuschung. Und weil wir Weihnachten so stark ritualisiert haben, fällt jede Abweichung, z.B. der Verlust einer geliebten Person, umso stärker auf. Weihnachten ist also die Zeit, in der wir viel stärker nach innen schauen und bereit sind, uns auf anrührende Geschichten einzulassen. Ein guter Weihnachtsspot muss uns emotional berühren und darf uns sogar nachdenklich machen.
• Nächstenliebe: Das Weihnachtsfest ist das Fest der Liebe. Wir beschenken uns gegenseitig als Ausdruck von Nächstenliebe und als Reminiszenz der Gaben, die die Heiligen drei Könige dem Jesuskind mitgebracht haben sollen. Daher sind viele von uns zur Weihnachtszeit auch eher bereit, etwas zurückzugeben. Der Deutsche Spendenrat schätzt, dass ein Viertel aller Spenden im letzten Monat des Jahres getätigt werden. Zur Weihnachtszeit kann ein Unternehmen mehr noch als sonst mit Charity punkten und sogar an die Spendenbereitschaft seiner Kunden appellieren.
• Musik: Weihnachten hat einen eigenen Sound. Bestimmte Akkorde assoziieren wir sofort mit Weihnachten. (Kleiner, interessanter Exkurs hierzu: https://www.youtube.com/watch?v=xm4LO22-cyY). Ein paar Schlittenglocken hier und da und schon ist der Weihnachts-Song fertig. Es ist also recht leicht, der Werbung allein über Musik, eine weihnachtliche Färbung zu geben.
• Qualität: An Weihnachten wird nicht gespart. Nicht an Butter und auch nicht am Produktions-Budget. Weihnachts-Spots müssen hochwertig aussehen, allein schon, weil die Konkurrenz so groß ist.
• Fallhöhe: Die Erwartungen an Weihnachten sind immens. Nicht zuletzt durch Werbung und Medien träumen die Menschen von einem puderzuckersüßen, perfekten Fest. Das schafft eine enorme Fallhöhe, mit der man aber auch kreativ spielen kann. Das Online-Geschenkportal Geschenkidee.de erkannte, „niemand mag Socken zu Weihnachten“ und entwarf eine großartige Kampagne, in der die Harmonie einer Familie von einer ungezogenen Socke empfindlich gestört wird.
Gibt es Marken oder Produkte, die auf Weihnachts-Spots verzichten sollten?
Unternehmen, die Produkte anbieten, die gegen den viel beschworenen Geist der Weihnacht verstoßen (z. B. Tabak und Alkohol) sollten vom Weihnachtswerbefilm Abstand nehmen. Wichtig: Zur Weihnachtszeit ist unsere „Kitschtolerenz“ zwar sehr hoch, aber eben auch nicht unendlich. Die Botschaft muss daher aufrichtig sein! Wer es mit der Tränendrüsendrückerei übertreibt, bekommt keine Geschenke, sondern eins mit der Rute.