Die besten Strategien für smarte User Experience und großartiges Design bei komplexen Relaunch-Projekten 

Designerin Carolin Kucharzewski und UX-Experte Alexander Bach haben beim Relaunch der Seven.One aus vielen Designwelten eine gemacht. Es war ein Mammut-Projekt, welches im Sommer 2020 begann und bei dem die bisher separaten Vermarkter-Webseiten der Seven.One Media, Seven.One AdFactory, Seven.One Sports, Seven.One Audio und ProSiebenSat.1 Licensing zusammengeführt wurden.  

Die neue, zentrale Vermarkter-Plattform bildet das Verständnis der Seven.One Entertainment Group nun auch digital ab und bringt Werbekund:innen schnell und ohne Seitenwechsel zu ihren gesuchten Informationen.  

User Experience und Design waren dabei zwei sehr wichtige Komponenten, die dieses Ziel ermöglicht haben. Wir haben mit Carolin (Senior Grafik Designerin) und Alexander (Senior Experience Designer) darüber gesprochen, worin die größten Herausforderungen für UX und Design bei großen Relaunch-Projekten wie diesem liegen. 

Vielen Dank, liebe Carolin und lieber Alexander, dass ihr uns heute hinter die Relaunch-Kulissen der Seven.One blicken lasst. Stellt euch beide doch am besten einmal kurz vor und beschreibt eure Rolle im Relaunch-Projekt.  

Carolin: Ich heiße Carolin Kucharzewski, ich bin Designerin im Team Corporate & Sales Creation, spezialisiert auf Webdesign. Meine Rolle im Projekt war Bindeglied zwischen Marketing, CRM-Team und dem Webdesign. Als Designlead habe ich den kreativen Entwicklungsprozess verantwortet, in enger Zusammenarbeit mit den beiden Designagenturen. Einmal die Kreativ-Agentur Mutabor in Hamburg, mit der wir vor 2 Jahren das neue Corporate Design entwickelt und die uns auch im Web-Projekt unterstützt haben, als auch die ausführende Web-Agentur Edelweiss72, welche für die Reinzeichnung aller Module verantwortlich war. Jetzt im operativen Betrieb der Website liegt der Design-Lead weiterhin bei mir. Ich gebe somit auch jedes Motiv frei, welches auf die Seite soll und schaue vor allem auf die Einhaltung der Farb-Journey, denn die ist ja das Besondere an dieser Website. Aber dazu später mehr. 

Alexander: Ich bin Alexander Bach und bin UX/UI Designer und habe mich beim Relaunch explizit nur um User Experience (UX) gekümmert, im Sinne von Konzept und Seitenarchitektur. Ich kam in das Projekt zu einem Zeitpunkt, als die Seitenstruktur „eigentlich schon fertig“ war, was nicht so optimal ist für einen UX-Designer. Es hat in diesem Fall aber sehr gut geklappt. Es hat sogar eher geholfen, dass etwas Vorbereitung da war, da es bei diesem Projekt viele Stakeholder:innen gab, die zusammengeführt werden sollten. Gute Produkte macht man aber nicht für Stakeholder:innen, sondern für die User da draußen – außerhalb des Konzerns. Meine Aufgabe war demnach vor allem eine Sortier- und Abstraktionsleistung: Wie kriegt man diese vielen Seiten in eine ganzheitliche Experience überführt, damit sich letztlich die User:innen besser zurechtfinden als vorher.

Die Hauptaufgabe bei diesem Projekt war eben nicht nur der Relaunch, sondern vor allem die Zusammenführung von 5 bis dahin selbstständigen Webseiten. Wie fängt man da überhaupt an, aus Design und UX-Sicht?  

Carolin: Ich glaube, aus Design-Sicht ist das schnell zu beantworten. Wir wussten, dass ein neues Design zu einer Verbesserung führt und konnten uns dadurch zügig von Restriktionen auf den alten Webseiten befreien. Zu Beginn war es wichtig, dass wir einmal checken, welche Anforderungen die verschiedenen Submarken an uns haben. Als das klar war, konnten wir relativ schnell mit dem neuen Designentwurf loslegen. 

Alexander: Eine Inkonsistenz gab es nicht nur im Design und den Brands. Die alten Websites fühlten sich alle unterschiedlich an, waren anders gedacht und teils auf unterschiedlicher technischer Basis aufgebaut. Für mich war daher zu Beginn am wichtigsten zu verstehen: Was gibt es überhaupt? Dann habe ich aus den Begebenheiten eine klare User-Journey abgeleitet. Wer sind denn die Menschen, die die Seite besuchen und welchem Flow würden sie folgen? Was haben sie für Erwartungen? Dadurch wurden uns schnell zwei Kernbereiche klar: Zum einen sind wir Entertainment-House, welches mit allen unseren Marken und Sendungen erstklassiges Entertainment bietet und Zuschauer begeistern will. Und dann gibt es die Vermarktung mit Werbeprodukten, die Kund:innen bei uns buchen – und zwar innerhalb dieser Entertainment-Produkte. Diese Journey als roten Faden klar auf der Seite erlebbar zu machen und zugleich bei den B2B-Aufgaben zu unterstützen, die die User haben, führte z.B. dazu, dass wir am Ende jeder Seite immer einen Ansprechpartner haben. 

Stichwort Nutzerführung: Wie schafft man es, den Anforderungen von mehreren Webseiten und Stakeholdern gerecht zu werden?  

Alexander: Wie schon angedeutet: Mir hat sehr geholfen, dass es dazu mit den Stakeholder:innen schon viel Vorarbeit über die Projektleitung gab. Die Anforderungen wurden abgefragt und alle Needs aufgefangen. Aber es war den Projektbeteiligten auch immer klar, dass wir aufräumen und eigenständige Entscheidungen treffen werden. Denn die Vorstellungen waren in der Tat verschieden. Wir haben immer versucht, uns mit einer Lösung durchzusetzen, die auf die Gesamt-Journey für die Nutzer der Seite einzahlt und mit Vereinfachung und Verbesserung zu argumentieren. Und das hat vor allem gut geklappt, weil wir in der Tat reduzieren und zugleich verbessern konnten. 

Carolin: Ohne das Zutun von Alexander wäre die Nutzerführung aber sicherlich nicht so, wie sie ist. Bei unseren Gesprächen mit den Stakeholdern haben wir uns gefragt: Wie ist denn unser Konzern? Was macht ihn aus? Und da fiel oft der Begriff der Menschlichkeit. Unser Konzern wird als sehr menschlich wahrgenommen, sowohl von den Mediaagenturen als auch von den Direktkunden, mit denen wir zusammenarbeiten. Und genau das hat Alex geschafft, auf der neuen Seite umzusetzen: Jede Unterseite endet mit einem persönlichen Ansprechpartner. Die Nutzer:innen werden immer zu einer Person geleitet und wir zeigen Gesichter unserer echten Mitarbeiter und Geschäftsführer. 

Neben der beschriebenen Menschlichkeit-Komponente – gab es noch andere wichtige Änderungen, um die Nutzer:innen zukünftig schneller an ihr Ziel zu bringen?

Carolin: Aus Marken-Sicht, ja. Wir wollten einen großartigen Markenauftritt für großartige Kunden entwickeln. The next big thing unter dem Dach der Seven.One Entertainment. Mit der Zielsetzung, Silos aufzulösen. Also weg von einzelnen Websites hin zu einer One Group-Site, sodass Nutzer:innen alles aus einer Hand bekommen. 

Alexander: Ja, das würde ich voll unterschreiben. Das war ja auch die Hauptaufgabe am Ende: Die Strategie der Group auch im Web zusammenzuführen. Was ich noch als wichtige Änderung hinzufügen würde, ist die Navigationsstruktur. Wir haben keine Top-Navigation mehr, in der versucht wird alle Marken abzubilden. Alle Navigationspunkte finden ganz bewusst in Hamburger-Navigation statt, die thematisch sortiert ist. Wir haben zwar 5 Best-Ofs in die Hauptnavigation gesetzt, aber die sind letztlich nur ein Shortcut der Hamburger-Navigation, in der man alles auf einen Blick bekommt – und so übrigens nebenbei beigebracht bekommt, wie die Seite organisiert ist. Es war ein relativ langer Weg, bis wir dieses Ergebnis erreicht hatten. 

Welche Ziele wurden beim Design primär verfolgt, worauf wurde der Schwerpunkt gelegt?  

Carolin: Think Big! Für uns ist es wichtig, dass wir mit der neuen Website auch in 5 Jahren noch State-of-the-Art sind. Eben mit einem Design, dass insgesamt anders und frisch ist und dabei für unsere Tonality (entertainig, dynamic, digital pioneering) steht. Mit einer einzigartigen Schrift, einem wiedererkennbaren hochwertigen Farbspektrum und einer dynamischen Bildwelt. Also ein vielseitiger, dynamischer Look, der viel Freiheit lässt und doch alles zusammenführt. Da ist viel Bewegung drin. 

Zitat Schrift
Die außergewöhnliche Schriftart kann man beispielsweise im Zitate-Modul sehen 
Special Font
Im Zahlen & Fakten-Modul zeigt sich die große, plakative Typografie 

Alexander: Meine Ergänzung hierzu wäre noch unsere Farb-Journey. Der entertainige Bereich der Website, wo es Videos und Bilder gibt, ist bewusst im Dark-Mode gehalten. Und ich habe dann immer gesagt: Sobald es Richtung “Papierkram” geht und die User:innen etwas in ihrem B2B-Kontext tun wollen, zum Beispiel ein PDF herunterladen, dann wird es von der Farbgebung heller und weißer. Je tiefer Nutzer:innen sich auf der Website befinden, desto heller wird es. 

Liebe Carolin, kannst du erklären, wie ihr zu einem einheitlichen Marken- und Bildsprache-Konzept gefunden habt?  

Carolin: Wir sind hier in zwei Stufen vorgegangen. Dem Relaunch vorgelagert war ein rein designorientierter Rebrush. Beim Rebrush haben wir die einzelnen Webseiten der Seven.One Entertainment Group an die neue CI angepasst. Daher fiel es uns nun beim beim Relaunch leicht, das neue Design in Richtung Website-Anforderungen weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Zum Thema Bildsprache: Auch hier gibt uns das neue Design einen guten Rahmen vor für z.B. Zielgruppen-Motive oder generisches Bildmaterial. Die vielen verschiedenen Format-Motive auf der Website, wie Germany’s next Topmodel oder The Masked Singer, die alle ihre eigene CI haben, bleiben unangetastet. So entsteht ein spannendes, lebendiges Gesamtbild auf der neuen Website. 

Was war die größte Herausforderung auf dem Weg? Aus eurem jeweiligen Bereich?  

Carolin: Für mich ganz klar die Farb-Journey. Wir haben 4 Farbtiefen von dunkelrot, fast schwarz bis ganz hell/weiß. Diese gab es zu Beginn nur auf dem “Papier” und da sah das alles auch gut aus. Die Farb-Journey wurde dann auf alle Bereiche heruntergebrochen und für viele und zum Teil komplexe Module ausarbeiten. Wir haben jedes der insgesamt 30 Module für alle Farbtiefen entwickelt. Meine Sorge dabei war, dass am Ende alles nicht zusammenpasst. Aber da hat sich der Knoten irgendwann gelöst und wir haben gesehen, wie gut die Module Block für Block auf der Website stehen und ein tolles und perfektes Gesamtbild ergeben. 

Farbvariationen Seven.One Website
Farb-Design für verschiedene Steps der User Journey

Alexander: Ich hätte spontan die Reduktion als größte Herausforderung genannt. Diese fand nämlich auf 2 Ebenen statt: Zunächst über die Sortierung, über die wir ja schon gesprochen haben: Womit starten wir? Was ist MVP (Minimum Viable Product)? Was ist das Wichtigste, damit wir allen gerecht werden? Aber dann auch die Reduktion auf diese flexibel verwendbaren Module, aus denen man wie mit Lego verschiedene Seiten bauen kann, ohne dass man jede Seite einzeln programmieren muss. Das ist generell das A und O, wenn wir heute im Konzern digitale Produkte bauen. Konsistenz hilft immer allen: Den Nutzer:innen, weil sie sich besser zurechtfinden, aber natürlich auch allen am Produkt beteiligten, weil sie nicht immer alles neu bauen müssen. 

Was gefällt euch am Resultat besonders gut?  

Carolin: Ich freue mich, dass wir uns getraut haben, in den Dark-Mode zu gehen. Das war am Anfang eine längere Diskussion. 

Alexander: Für mich ist es diese menschliche Journey, die wir geschaffen haben: Zum einen begeistern wir den Nutzer:innen für unsere Entertainmentmarken. Zum anderen haben wir es trotz hoher Vielfalt auf der Website geschafft, die B2B-Needs zu bedienen. Und das immer mit einem persönlichen Touch. 

Lieber Alexander, du arbeitest normalerweise überwiegend an B2C-Projekten, diesmal war jedoch eine B2B-Seite im Fokus. Hat sich das Projekt für dich dadurch deutlich unterschieden und wenn ja wie?  

Alexander: Einerseits klar „Ja“ – andererseits „Nein“. Grundsätzlich gibt es natürlich einen Unterschied zwischen B2C und B2B. Aber auf der anderen Seite auch nicht, weil wir am Ende des Tages alle „normale Menschen“ sind, die möglichst einfach zu bedienende Produkte gewohnt sind und erwarten: Wir nutzen alle Smartphones oder streamen Videos. Unseren Anspruch an digitale Produkte ziehen wir aus den Erfahrungen mit allen anderen Produkten, die uns täglich umgeben. Bei einem B2B-Produkt kann man sich jedoch eine höhere Komplexität erlauben. Man kann User:innen durchaus eine größere Lernkurve zumuten, was nötig ist, da das Produkt auch mehr können muss. Nehmen wir zum Beispiel ein Programm wie Photoshop – das könnte man aus UX-Sicht niemals so einfach gestalten wie z.B. Netflix, weil Photoshop einfach naturgemäß komplexer ist und auch sein soll.

Carolin: Mit dem B2B-Fokus konnten wir uns auch mehr bei den Devices einschränken. Wir wissen, die Website ist ein Arbeitstool. Die meisten Anwender:innen, die sie benutzen, sitzen am Laptop oder Computer. So hatten wir die Möglichkeit, die Smartphone-Ansichten ein bisschen zu vernachlässigen. Wir haben die Entscheidung getroffen: Desktop first. Und das geht im B2C-Bereich nicht. 

Wenn ihr auf den langen Relaunch-Prozess zurückblickt: Was habt ihr euch vorgenommen und was wurde letztendlich auch umgesetzt? Und was nicht?  

Carolin: Aus Design-Sicht ist tatsächlich alles abgeschlossen. Aber ich weiß, dass im Laufe des Projekts viele kleine Tools und Ausbaustufen von Features verloren gegangen sind, teils aus zeitlichen oder auch finanziellen Gründen. Wir hatten ein schönes Berater-Widget geplant, also einen Chatbot, der abfragt, was du auf der Seite machen möchtest.  

Alexander: Aus UX-Sicht nur die Spitze des Eisbergs, der im Besonderen unerfahrene User:innen ganz gezielt fragt: Was möchtest du auf der Website machen? Warum bist du hier? Möchtest du ein Werbeprodukt buchen? Noch weiter gedacht, hätte dazu auch das Vorhaben gehört, Dokumente, PDFs oder Präsentationen unserer Werbeprodukte besser zugänglich zu machen. Am besten digital und auch digital bearbeitbar. Bis das so weit ist, müssen wir aber noch ein bisschen nachdenken. 

Vielen Dank an euch für das tolle Interview! 

Die besten Strategien für smarte User Experience und großartiges Design bei komplexen Relaunch-Projekten 

Carolin Kucharzewski ist Senior Grafik Designerin bei Seven.One Entertainment und arbeitet im Team Corporate & Sales Creation spezialisiert auf Webdesign. Die studierte Kommunikationsdesignerin hatte ihren Einstieg ins Webdesign beim Unternehmen VZ Netzwerke Ltd, wo sie 6 Jahre für das soziale Netzwerk studiVZ gearbeitet hat. 

Senior Grafik Designer / Seven.One Entertainment Group GmbH

Die besten Strategien für smarte User Experience und großartiges Design bei komplexen Relaunch-Projekten 

Alexander Bach ist Senior Experience Designer im Team Experience & Design bei der Seven.One Entertainment Group und arbeitet mit dem Schwerpunkt Ideation und Konzeption an vielfältigen Entertainment- und B2B-Produkten. Er hat Kommunikationsdesign studiert und verfügt über weitreichende Erfahrung in digitaler Produktentwicklung – vor allem in den Bereichen User Interface Design, Experience Design und UX Research. 
Senior Experience Designer / Seven.One Entertainment Group GmbH

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