Warum Reality-Shows genau das sind, was wir jetzt brauchen

In der aktuellen Situation ist leichte Unterhaltung gefragt wie nie zuvor. Eine aktuelle Studie des Consumer-Insights-Teams von ProSiebenSat.1 zeigt, dass sogenanntes „Trash-TV“ – besser bekannt als Reality-Shows – uns genau das geben kann, was wir in der jetzigen Krise brauchen. Schauen wir uns einmal genauer an, woran das liegt. 

Was im Jahr 2000 mit Big Brother begann, ist heute kaum mehr aus der TV-Landschaft wegzudenken. Ein einfaches Konzept mit leicht verständlichen Charakteren, Kämpfen, Liebe und peinlichen Momenten – das beliebte Reality-Genre wächst stetig und scheint seinen Zenit noch nicht erreicht zu haben. Zumal der deutsche TV-Markt zuletzt von einem immer stärkeren Trend zu Format-Crossovern geprägt ist. Neben altbewährten Leuchttürmen wie Promi Big Brother haben auch Newcomer wie Promis unter Palmen sowie Beauty and the Nerd den Zeitgeist getroffen und ziehen eine breite Zuschauerschaft an. Dieses Phänomen hat uns gerade im aktuellen Lockdown fasziniert und dazu bewegt, in einer Studie im Sommer 2020 unter generell genre-affinen Teilnehmern zu untersuchen, was Reality-Shows so erfolgreich macht – und warum.

Wie kein anderes Genre bedienen Reality-Shows ein breites Spektrum an Emotionen. Nach einem anstrengenden Tag sehnen sich die Menschen danach, einfach nur unterhalten zu werden, abzuschalten und zu entspannen. Auch wenn der Begriff „Trash“ negativ konnotiert ist, bedeutet er für Reality-Fans vor allem (oberflächliche) Einfachheit, die in bestimmten Situationen dringend nötig ist. Dieses Bedürfnis hat sich durch die Corona-Pandemie verstärkt: Die strengen Regeln und Vorschriften haben zu einem wachsenden Wunsch danach geführt, der Realität – zumindest zeitweise – zu entfliehen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Reality-Shows eine Art Psychohygiene fördern, denn wenn wir anderen im Fernsehen bei emotionalen Ausbrüchen zusehen, können wir stellvertretend unsere Gefühle verarbeiten.

Außerdem ist unser Wunsch nach Nähe und Gemeinschaft in der Corona-Pandemie besonders stark – und die Reality-Shows bieten direkte Einblicke, die uns das Gefühl vermitteln, mitten im Geschehen dabei zu sein. Durch Reality-Shows können die Zuschauer an sozialen Interaktionen teilnehmen und Beziehungen zu den TV-Persönlichkeiten aufbauen. Gerade Celebrity-Reality-Shows ermöglichen es den Zuschauern, ihre voyeuristische Seite auszuleben – ein Bedürfnis, welches sich die Zielgruppe (Reality-Shows sind vor allem bei Frauen zwischen 30 und 49 Jahren beliebt) im Alltag selten eingesteht.

Promi Big Brother ist hierfür ein Paradebeispiel. Das Format: Prominente werden in einem eigens gebauten Haus über einen längeren Zeitraum von der Außenwelt isoliert, während jede Woche einer der Teilnehmer per Publikumswahl rausgeworfen wird. Die Prominenten lassen sich 24 Stunden am Tag von versteckten Kameras beobachten (Voyeurismus). Es kommt zu ständigen Konflikten in Form von Streitereien und Eifersüchteleien (stellvertretende Gefühlsausbrüche) und intimen Momenten. Gleichzeitig bekommen die Zuschauer die Gelegenheit, die Prominenten besser kennen zu lernen (Suche nach „sozialer Interaktion“) und ihr Verhalten im Haus mit ihrem öffentlichen Image zu vergleichen. Promi Big Brother bietet Eskapismus pur: Urlaubsatmosphäre, luxuriöses (und nicht so luxuriöses) Wohnen, extremes Verhalten und einen vergleichenden Blick darauf, wie die andere Hälfte lebt.

Reality-Shows geben uns genau das, was wir im Moment brauchen – ein Gefühl von Gemeinschaft, enge Beziehungen, Psychohygiene und die so wichtige Befreiung vom Alltag.  

Gerti Mohr, Strategic Research Manager Consumer Insights bei der Seven.One Entertainment Group, hat ebenfalls an der Konzeption der Reality-Show-Studie mitgewirkt und ist Co-Autorin dieses Artikels.

*Foto: Ben auf Unsplash

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Lukas Angerer arbeitet als Research Manager im Consumer Insights Team der ProSiebenSat.1 Media SE. Lukas ist seit fast 7 Jahren im Unternehmen und ist außerdem für Marketing und Concept-Testing zuständig.

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