Was haben Netflix, Instagram und YouTube gemeinsam? Nicht nur, dass sie zu den bekanntesten Marken gehören – alle drei Unternehmen sind mit einer anderen Geschäftsidee gestartet, als die, für die sie heute bekannt sind. Sie schafften es, den technologischen Fortschritt und die veränderten Verhaltensweisen der digitalen Ära zu nutzen, um sich aus sich selbst heraus zu erneuern. Wir werfen einen Blick darauf, wie sich die Giganten des Internetzeitalters und andere berühmte Marken neu erfunden haben.
Vom DVD-Verleih zum Streamingdienst: Netflix
Dem Gründer Reed Hastings kam die Idee zu Netflix angeblich, als er sich über die hohen Strafgebühren für eine zu spät abgegebene DVD ärgerte. Die Lösung: Filmausleih per Monats-Abo. 1997 startete Netflix mit dem Versand von DVDs auf dem Postweg. Der große Vorteil gegenüber der althergebrachten Videothek war das Internet, über das die Abonnent:innen die Filme bequem von zu Hause aus bestellten.
2007 dann die Transformation: Netflix startete das Streaming. Gründer Hastings setzte auf die neue Technologie, schloss Partnerschaften mit Microsoft, Sony sowie Apple zur Verbreitung der App und tätigte Millioneninvestitionen, um die Qualität zu verbessern. Heute hat Netflix mehr als 200 Millionen Nutzer:innen und ist nicht nur Streamingdienst, sondern produziert auch eigene Formate.
Vom Standortdienst zum Social Network: Instagram
Anders als bei Netflix stand bei Instagram der Misserfolg Pate bei der Geburt der Marke. Kevin Systrom, einer der Gründer, mag Whiskey und so nannten er und Mike Krieger ihre erste App Burbn. Sie sollte aber nicht nur Fans des Hochprozentigen ansprechen, sondern alle, die ihrem Freundeskreis mitteilen wollten, in welcher Bar oder welchem Restaurant sie sich gerade befanden. Während die User aber die meisten Features größtenteils ignorierten, nutzen sie eine Funktion besonders häufig: den Upload von Handyfotos, um sie dann mit anderen zu teilen.
Also fokussierten sich Systrom und Krieger auf diese Anwendung und entwickelten etwas, was kein anderer Dienst bis dahin bot: eine einfache Methode zum Upload von Fotos. Instagram war geboren – und traf den Nerv der Zeit. Allein am ersten Tag ihres Erscheinens im Oktober 2010 registrierten sich 25.000 Nutzer:innen bei der App, sechs Wochen später knackte die Anzahl der User die Millionenmarke, heute sind es mehr als eine Milliarde weltweit.
Vom Datingportal zur Videoplattform: YouTube
Auch bei YouTube mussten die Gründer erfahren, dass die User mit ihrer Technologie ganz anders umgingen, als sie es geplant hatten. Denn YouTube startete als Video-Datingwebsite. Die Idee kam den Gründern Stevie Chen, Chad Hurley und Jawed Karim nicht zufällig am Valentinstag 2005. Die Kontaktsuchenden sollten sich mit Kurzvideos vorstellen. Doch als nach einiger Zeit immer noch niemand den Dienst nutzen wollte, überarbeitete das Gründertrio die Technik und erlaubte, auch andere Kurzvideos hochzuladen – und die Katzen kamen.
Denn die Technologie war überzeugend: Lange Zeit waren Internet-Videos nur als Plug-ins verfügbar, YouTube etablierte in kürzester Zeit den Flashplayer. Rund ein Jahr nach dem Launch nutzten bereits 20 Millionen Menschen das Portal täglich, heute sind es pro Tag schätzungsweise 122 Millionen.
Von der Spielkarte zur Spielkonsole: Nintendo
Viel gemächlicher transformierte sich Nintendo. Das Unternehmen wurde 1889 gegründet und war führender Hersteller traditioneller japanischer Spielkarten. In den 1960er-Jahren kriselte das Geschäft und Nintendo probierte es mit neuen Geschäftsfelder wie Instant-Reis, Taxis und Stundenhotels.
Der Erfolg stellte sich aber erst ein, als sich das Unternehmen wieder auf sein Kerngeschäft konzentrierte. 1969 stieß der Spieleentwickler Gunpei Yokoi zu Nintendo. Eine seiner ersten Entwicklungen war der Liebestester, mit dem Paare über Metallsensoren ihre Zuneigung messen sollten. Es folgten zahlreiche elektronische Spielgeräte.1989 kam dann der Durchbruch mit dem Game Boy, der mit der “Killerapplikation” Tetris das Unternehmen wieder zur Marktführerschaft verhalf – aber diesmal nicht im Bereich der Spielkarten, sondern der Handheld-Konsolen.
Von Papier und Gummi zum Handy: Nokia
Ein weiteres Beispiel für eine bemerkenswerte Transformation ist Nokia. 1865 gegründet, stelle das finnische Unternehmen zunächst Produkte aus Papier her. Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wandelte es sich immer mehr zum Mischkonzern und brachte unter anderem Gummistiefel und Fahrradreifen auf den Markt.
Richtungsweisend war jedoch ein anderes Geschäftsfeld: Als Skandinavien 1981 sein erstes Mobilfunknetz bekam, begann Nokia mit der Produktion von Auto-Telefonen und später auch von Handys – mit durchschlagendem Erfolg. Von 1998 bis 2011 war Nokia der weltgrößte Hersteller von Mobiltelefonen. Doch der Konzern verschlief die Entwicklung des Smartphones zum Massenprodukt, der Abstieg begann und das Unternehmen verkaufte 2014 seine Mobiltelefonsparte an Microsoft.
Technologischer Wandel allein reicht nicht immer
Clevere Unternehmen nutzen den technologischen Wandel, um sich von Innen heraus weiterzuentwickeln und auch Traditionsunternehmen können sich zu erfolgreichen Playern in der digitalen Welt wandeln. Manchmal ist es aber nicht die Technologie an sich, die die Neuausrichtung auslöst. Bei YouTube und Instagram musste sich erst zeigen, wie die Menschen die neuen technischen Möglichkeiten überhaupt nutzen wollen. Durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen ihrer Kundschaft konnten die Unternehmen das Scheitern verhindern und wandelten sich zu erfolgreichen und weltberühmten Marken.
Manchmal aber führt die Orientierung an den Wünschen der User auch dazu, an Gewohntem festzuhalten. Denn auch wenn Netflix heute in erster Linie ein Streamingdienst ist: In den USA lassen sich immer noch zwei Millionen Menschen von dem Unternehmen DVDs und Blu-rays per Post zuschicken. Die Gründe: der schlechte Empfang in ländlichen Gegenden, aber auch die größere Auswahl an Filmen, denn nicht alle schaffen es auf die Streaming-Portale. Und manche schätzen die bessere Bild- und Tonqualität. Das Beispiel zeigt: Wer auf seine Kund:innen hört, erfährt nicht nur, was er verändern muss, sondern auch, was er erhalten sollte.