Heute schon wissen, was die Menschen morgen konsumieren wollen? Jede Marketingabteilung der Welt wünscht sich nichts sehnlicher, als einen kleinen Blick in die Zukunft werfen zu können. Predictive Analytics ist so eine Glaskugel, die in den letzten Jahren den Weg aus den Büros der Finanz- und Versicherungsunternehmen in die Hände von Marketingentscheider:innen gefunden hat. Mithilfe von künstlicher Intelligenz lassen sich auf Basis historischer Daten und aktueller Geschehnisse die Branchentrends von morgen vorhersagen, und das quasi in Echtzeit. Dank Social Media ist die Datenbasis der Analyse enorm: Predictive Analytics kombiniert mit Social Listening ist einer der Social Media Marketing-Trends 2023. Wir werfen einen ersten Blick auf das Thema.
Warum Social Listening ein hilfreiches Marketing Tool ist
Beim Social Listening werden verschiedene Social Media Plattformen und Foren nach für das Unternehmen relevanten Informationen und Themen durchsucht. Im Gegensatz zum Social Monitoring, wo nur die nackten Zahlen getrackt werden, geht es im Social Listening um ein Stimmungsbild. Nur wer richtig “zuhört”, erfasst auch die Bedeutung hinter dem Gesagten und kann das Social Media Sentiment gegenüber der Marke richtig einschätzen. So eine Marktforschung in Echtzeit bringt klare Vorteile für Marketingabteilungen: Ob für ein besseres Verständnis der Zielgruppe, Krisenmanagement, für die Influencer-Suche oder als Konkurrenzanalyse, Social Listening kann sich in vielen Bereichen als hilfreiches Tool für jede Brand erweisen.
Wer Social Listening für sein Unternehmen einsetzen will, kann sich an eine Agentur wenden oder auf eine Vielzahl an Online-Plattformen zurückgreifen. Sie heißen Hootsuite, HubSpot, Sprout oder Talkwalker und bieten häufig eine kostenlose Basisversion. Grundlage der Suche sind immer Keywords. Bei der Auswahl sollten folgende Punkte abgehakt werden:
- Der eigene Markenname und Slogan
- Die Namen der wichtigsten Produkte
- Wichtige Personen mit Außenwirkung im eigenen Unternehmen, von CEO bis Pressesprecher
- Schlagworte, Themen, gebrandete und nicht gebrandete Hashtags der Branche
- Namen vergangener und aktueller Kampagnen
- Konkurrenz nicht vergessen: Markennamen, Produkte, Slogans, wichtige Personen und Kampagnen
- Auch beliebte Rechtschreibfehler und Abkürzungen in die Keywords aufnehmen
Wichtig ist, dass die Entwicklung der Keywords ständig überwacht und die Auswahl aktuellen Gegebenheiten angepasst wird. Mit Social Listening lässt sich die Stimmung in Echtzeit verfolgen, aber nur, wenn man am Ball bleibt und kontinuierlich die Einstellungen verfeinert. Bei der Auswahl der Social Media Portale dürfen neben den großen Vier auch Business-Plattformen wie LinkedIn und Xing nicht fehlen. Auch wenn es streng genommen nicht zu Social Media zählt: Da heutzutage Bewertungen maßgeblich zur Kaufentscheidung beitragen, ist es sinnvoll, auch Amazon, Trusted Shops oder Google Maps einzubeziehen und ein Social Listening Tool auszuwählen, das Review Monitoring (Beobachtung und Auswertung von Kundenbewertungen) inkludiert.
Die Analyse der Daten kann unterschiedlich angegangen werden, individuell auf Brand und Fragestellung zugeschnitten. Analyseansätze sind zum Beispiel:
- Wo und wann gibt es Ausschläge nach oben oder Einbrüche?
- Gibt es hervorstechende demografische Besonderheiten?
- Sind saisonale oder zyklische Auffälligkeiten zu entdecken?
Damit Social Listening nicht zum reinen Monitoring verkommt, muss auf die Analyse eine Handlung folgen. Ob das der persönliche Kontakt mit einem unzufriedenen Käufer:in ist oder eine komplette Neuausrichtung der Brandpositionierung, nur wenn auf die Erkenntnis eine lösungsorientierte Aktion folgt, ist Social Listening erfolgreich.
Social Listening in Kombination mit Predictive Analytics: Was kann dieses Power-Duo?
Predictive Analytics ist eigentlich nichts Neues. Banken, Versicherungen und die Meteorologie arbeiten schon seit Jahren damit, um mögliche Geschehnisse vorauszusagen. Das Predictive Analytics Verfahren erstellt anhand von historischen Daten und mithilfe von statistischen Algorithmen ein mathematisches Modell, das die Wahrscheinlichkeit bestimmter zukünftiger Ereignisse prognostiziert. Der Markt für Predictive Analytics Software wurde 2020 auf 5,3 Milliarden US-Dollar geschätzt und soll bis 2028 auf fast 42 Milliarden ansteigen. Lange konnten sich nur Großunternehmen solche Analysen leisten, doch dank kontinuierlicher Weiterentwicklung ist die Technologie mittlerweile auch für den Mittelstand erschwinglich geworden. Im Online-Marketing kann Predictive Analytics nicht nur maßgeblich dazu beitragen, dass zukünftige Marketingkampagnen erfolgreich sind, auch der Bereich CRM profitiert enorm von der Zukunfts-Analyse.
Predictive Analytics funktioniert nur mit hoher Datenqualität. Hier kommt der Gamechanger ins Spiel: Social Listening. Schon für sich genommen gewährt Social Listening hilfreiche Insights in das Verhalten der Kundschaft, aber in Kombination mit Predictive Analytics zeigt sich, was noch möglich ist: Brands bekommen nicht nur ein tiefes Verständnis für die aktuellen Wünsche der Kundschaft, sondern können mit ziemlicher Sicherheit vorhersagen, was die Verbraucher in Zukunft von ihrem Produkt erwarten. Dank Social Media ist die Datengrundlage enorm, denn durch die Weiterentwicklung der KI ist Social Listening mittlerweile nicht mehr nur textbezogen, sondern umfasst auch Image-, Video- und Speech-Recognition. So können zum Beispiel Brandlogos in Pics und Videos erkannt oder Podcasts auf Erwähnungen untersucht werden. Predictive Analytics Tools und Business-Erweiterungen wie IBM Watson Studio, SAP Predictive Analytics oder Microsoft Azure Machine Learning helfen dabei, die gesammelten Social Listening Daten zukunftsorientiert zu interpretieren.
Wie können Unternehmen das Potenzial dieser Power-Kombination optimal nutzen? Hier sind ein paar Anregungen:
Kaufverhalten/Trends voraussagen:
Verbraucher:innen sind launenhaft. Auch wenn man versteht, was sie heute interessiert, bedeutet das nicht, dass es nächste Woche noch genauso ist. Indem man Trends überwacht und Warnungen einrichtet, lassen sich Voraussagen über das zukünftige Verhalten treffen. Der Schlüssel zum Erfolg sind die richtigen Keywords und eine klare Fragestellung. Die Social Media Crowdsourcing Community Sickweather überwacht beispielsweise mit Social Listening Konversationen über Grippe-Symptome und kann so voraussagen, wann die nächste Grippe-Welle startet.
Kundenzufriedenheit und Churn Prevention:
Social Listening deckt auf, wie die Produkte einer Brand bei der Kundschaft ankommen, positiv sowie negativ. Wer dank Predictive Analytics Muster oder Unzufriedenheit frühzeitig erkennt, kann herausragenden Customer Service garantieren. Wird beispielsweise häufig ein leicht zu beschädigender Produktteil erwähnt, kann vorproduziert werden und wenn der Betroffene sich mit einer Beschwerde meldet, ist der Ersatz bereits bereit zum Versand.
Neue Produktideen finden:
Wer mit Social Listening die Kundenzufriedenheit überwacht, wird immer wieder über Produktvorschläge oder Änderungswünsche stolpern. Gemeinsam mit Trend-Monitoring kann so die Produktpalette zum richtigen Zeitpunkt erweitert werden. L’Oréal, eine der weltweit führenden Kosmetikmarken, ergänzt zum Beispiel ihre Produktentwicklung mit Predictive Analytics, um den Beauty-Trends immer einen Schritt voraus zu sein. Mit Social Listening überwachen sie alle bekannten Social Media Plattformen, YouTube, Beauty Foren und Fashion Blogs und sammeln so Business-relevante Daten zu Inhaltsstoffen und Lifestyles, die zukünftig trenden werden.
Krisenprävention:
Mit Social Listening und Predictive Analytics können Unternehmen eingreifen, bevor eine Krise eintritt. Das Stofftier-Unternehmen Build-A-Bear musste 2018 seine eintägige “Pay Your Age” Aktion vorzeitig abbrechen, weil stundenlange Wartezeiten und chaotische Sicherheitszustände die Durchführung unmöglich machten. Ein Alptraum für die Kundenzufriedenheit. Mit so einem Zulauf hätte man auf der Basis vergangener Kampagnen nicht rechnen können, hieß es von der Geschäftsführung. Allerdings hätte der Einsatz von Social Listening und Predictive Analytics die Reaktionen nach der Ankündigung überwachen, vergleichen und bei einer bestimmten Höhe einen Alert auslösen können, so dass der Einsatz zusätzlichen Personals oder eine Modifikation der Kampagne möglich gewesen wäre.
Damit sind die Einsatzmöglichkeiten natürlich noch nicht ausgeschöpft: Vom Klassiker der personalisierten Suchergebnisse oder Ads über Preisanpassung aufgrund von Trendänderungen bis hin zum Next Level Konkurrenzanalyse, die Kombination Social Listening und Predictive Analytics kann Unternehmen einen entscheidenden Vorteil verschaffen.
Fazit
Wer 2023 im Marketing der Konkurrenz eine Nase voraus sein will, kann auf Predictive Analytics mit einer Datenbasis aus Social Listening setzen. Mit den richtigen Keywords können Brands nicht nur ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe bekommen, sondern auch wichtige Needs voraussagen und Krisen verhindern.
Die Verbraucher rücken immer mehr in den Fokus, deswegen müssen sich Unternehmen auf ständig veränderte Wünsche einstellen, richtig zuhören und Muster erkennen. KI-gestützte Analysen sorgen dafür, dass Marken diese Bedürfnisse zielgruppengerecht und personalisiert erfüllen können. Damit das volle Potenzial der Social Listening Daten ausgeschöpft werden kann, ist es sinnvoll, den Markt nach einem passenden Predictive Analytics Tool zu scannen und den idealen Match zügig in den unternehmenseigenen MarTech Toolstack aufzunehmen. So ist das Business gut aufgestellt, um 2023 der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein. Denn dass zukünftig derjenige, der Kundenwünsche erfüllen kann, bevor sie überhaupt geäußert werden, seinem Business einen klaren Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft, ist eine Erkenntnis, die sich auch ohne Social Listening und Predictive Analytics treffen lässt.