Performance Marketing vs. Reichweitenmarketing: Was ist der richtige Weg?

In Zeiten von Verunsicherung, Rezession und Inflation tendieren Menschen dazu, bei Investitionen auf Sicherheit zu setzen. Das ist auch in den Marketingabteilungen großer Unternehmen erkennbar. In den ersten Monaten des Jahres 2023 agieren die Werbetreibenden mit Ausgaben noch sehr zurückhaltend und bevorzugen die kurzfristig sichere Bank Performance Marketing. Das ist verständlich, denn hier sind Erfolge schnell messbar zu sehen. Doch gerade in der Krise ist es falsch, auf Sparkurs zu gehen, um die eigene Profitabilität zu sichern. Diverse Studien belegen: Nur wenn Marken die Werbeinvestition aufrechterhalten und mit Reichweiten Marketing beim Kunden mental verfügbar bleiben, können sie auch in schwierigen Zeiten wachsen.

Warum Performance Marketing irgendwann an seine Grenzen stößt   

Reichweiten Marketing orientiert sich eher am klassischen Marketing-Weg: Die Marke aufzubauen und ihr Identität durch Wertebildung, Storytelling und das Schaffen von so vielen Kontakten wie möglich zu geben. So ein Brand Awareness Marketing braucht vor allem eins: Zeit und Geduld. Marketing-Verantwortliche haben es oft nicht leicht, eine Strategie zu belegen, die der Marke zwar langfristig Substanz und emotionale Tiefe gibt, aber außer dem KPI Reichweite keine kurzfristigen Ergebnisse liefert.  Wie man die Brand Awareness einer Marke kontinuierlich steigern kann, welche Maßnahmen Sinn machen und wie sie sich am besten messen lassen, haben wir unter dem Thema “So erhöhst du deine Markenbekanntheit” ausführlich behandelt.   

Dem gegenübergestellt wirkt das digitale, datenbasierte und kosteneffiziente Performance Marketing wie der heilige Marketing-Gral: klare Erfolge, die sofort zu sehen sind und ein Resultat, das sich einfach mit Budgeteinsatz gegenrechnen lässt. Der schnelle Abverkauf steht im Vordergrund, nicht die emotionale Bindung zur Brand. Dazu kommt, dass Zielgruppen präzise angesprochen werden können und das Ergebnis von Kampagnen klar messbar ist. Performance Marketing bietet eine klare Kosten-Nutzen-Garantie. Und welches Unternehmen legt keinen Wert auf eine sichere Investition, viele Conversions und schnelle Umsätze? Doch der reine Blick auf den ROI als KPI kann eine Marke in die Irre führen. Denn irgendwann ist auch im erfolgsverwöhnten Performance Marketing eine Grenze erreicht. Einige Gründe hierfür sind:

Gefahr von Silo Marketing

Ein reiner Fokus auf Performance Marketing lässt die Customer Journey aus den Augen. Wenn Marketing-Abteilungen sich vorwiegend das kurzfristige Ziel der ROI Steigerung setzen, verlieren sie den Blick auf die Gesamtheit der Kampagne. Dass der Kauf nur der letzte Teil der Customer Journey ist, wird oft vergessen. Alle vorherigen Touchpoints, der Aufbau von Trust und Aufmerksamkeit, sind die Voraussetzung für die finale Conversion. Wer seine Kampagne nur auf Daten und KPIs ausrichtet und Langzeitwirkungen außer Acht lässt, trennt das Marketing-Silo Performance von der Gesamtstrategie, was langfristig dem Erfolg schadet.

Spitzes Targeting ist nicht unendlich

Performance Marketing arbeitet oft mit äußerst präzisen Targetings. Gesucht werden möglichst viele Kund:innen mit einem niedrigen CPO (Cost per order). Findet man das, ist das der Marketing-Jackpot. Also wird der Fokus auf diese Zielgruppe intensiviert und andere Targetings vernachlässigt. Doch irgendwann ist in so einer engen Gruppe die Grenze erreicht und das System bricht zusammen. Wer jetzt den Aufbau von Reichweite und die Akquisition neuer Kundenkreise vernachlässigt hat, bekommt ein Problem.

Light Buyer sind der Schlüssel zum Erfolg

Wer im Performance Marketing mit Rabatten und Loyalitätsprogrammen nur die bereits bestehenden Heavy Buyer in den Fokus rückt, schränkt seine Wachstumsmöglichkeit ein. Große Marken zeichnen sich durch einen großen Pool an Light Buyern aus, denn diese bevorzugen bekannte und erfolgreiche Brands. Performance Marketing kann zwar auch Light Buyer oder Neukunden erreichen, doch hier muss die Bereitschaft zum Kauf des Produkts bereits vorhanden sein. Bedeutend einfacher ist der Kaufabschluss, wenn die Marke durch Reichweiten Marketing im Bewusstsein der Kundschaft verankert ist, was automatisch ein Interesse am Produkt nachzieht. Es sind die Light Buyer, die für ein Wachstum der Marke sorgen, nicht die Heavy Buyer. 

Die Basis für langfristigen Erfolg ist Reichweiten Marketing

Wer seine Marke stabil halten oder wachsen möchte, kommt an Reichweiten Marketing nicht vorbei. Um bei der Kundschaft präsent zu bleiben, ist ein langfristiger Aufbau der Brand wichtig. Dass nicht kurzfristige Erfolge das Nonplusultra sind, sondern die Marke immer im Fokus stehen muss, zeigte Adidas Global Media Chef Simon Peel 2019 in einem Talk auf der #EffWeek in London eindrücklich. Der Fokus auf den ROI half Adidas nicht beim Wachstum, denn die bestehende Kundschaft kaufte die Produkte sowieso. Selbst eine mehrtägige Downtime von Google, in der keine SEO- und SEA-Aktivitäten stattfinden konnten, hatte keinen Einfluss auf den Absatz. Dagegen führte der Fokus auf kurzfristige Effekte dazu, dass die Firma unter Preisdruck geriet und Produkte billiger für die Heavy Buyer machen musste. Schlussendlich sorgte eine Reduzierung des Performance Marketings zugunsten der Brandstärkung für überwältigenden Erfolg.

Ziel ist es, im Gedächtnis der Kundschaft zu bleiben. Farbgebung, Styles, Logos, Symbole, aber auch Wiederholung und Beständigkeit sind hierbei wichtige Elemente. Im Performance Marketing werden Voraussetzungen ständig geändert, um Aufmerksamkeit zu erregen. Doch nur wer den Kern seiner Marke durch Kontinuität festigt, erreicht die Masse. Die mentale Verfügbarkeit spielt eine große Rolle für die Kaufentscheidung. Durch reichweitenstarke Werbung werden Marken mit Assoziationen verknüpft, was vor allem bei den wichtigen Nicht- und Light Buyern ausschlaggebend für die Kaufbereitschaft ist.

Performance Marketing vs. Reichweitenmarketing: Was ist der richtige Weg?

Eines der reichweitenstärksten Medien ist weiterhin das Fernsehen. TV-Werbung erzielt nicht nur sehr hohe Wirkungsbeiträge, sondern sorgt langfristig für mehr Umsatz, da das Kaufverhalten nachhaltig beeinflusst wird. Laut einer Studie von Seven.One Media liefert TV-Werbung im Durchschnitt einen Kurzfrist-ROI von 1,13, langfristig aber von 2,60. Damit ist TV nicht nur kurzfristig effizient, sondern vor allem auf lange Sicht unschlagbar. Auch wenn bei einer klassischen Marketing-Maßnahme wie TV-Werbung die Wirkung einer Kampagne oft schwer nachweisbar ist, sind es vor allem Interaktionseffekte mit anderen Medien, die auf die Werbewirkung einzahlen. Denn TV macht Werbung auf anderen, durch Performance-Marketing steuerbaren Kanälen (z.B. VOD Plattformen wie Joyn) erfolgreicher.

Was ist die richtige Mischung aus Performance Marketing und Reichweiten Marketing?

Eine Kombination aus Reichweiten- und Performance Marketing scheint der richtige Ansatz zu sein. Doch was ist die optimale Aufteilung? Les Binet gilt als führende Persönlichkeit auf dem Gebiet von effektiven Marketing-Maßnahmen. Gemeinsam mit Peter Field veröffentlichte er 2013 das Buch “The Long end the Short of it: Balancing Short and Long-term Marketing Strategies”, in dem er einen bis heute gültigen 60/40 Split vorschlägt. 60 % der Marketingaktivitäten sollten Reichweite als Grundlage haben und langfristig auf den Brandaufbau einzahlen, 40 % werden für kurzfristige Performance-Strategien eingesetzt. Natürlich spielt die Intention einer Kampagne, die Produktkategorie und die Unternehmensphase eine Rolle. Daher kann der Fokus innerhalb des Jahres auch immer wieder verschoben werden. Der Grundsatz ist: Reichweiten Marketing wird benötigt, um die Basis zu sichern, die einen ständigen Kundenzufluss generiert. Mit Performance Marketing lässt sich in kurzfristigen Sales-Phasen, wie zum Beispiel dem Black Friday, aus dieser breiten Masse das Bestmögliche herausholen:

“Really smart marketers build the brand long-term and activate it efficiently” (Les Binet).  

Fazit:

Auch wenn das kosteneffiziente Performance Marketing mit schnellen, skalierbaren und eindeutigen Erfolgen lockt, dürfen Unternehmen keinesfalls nur eingleisig fahren. Nur mit klassischem Reichweiten Marketing in Medien mit Breitenwirkung, wie z.B. TV, bleibt die Marke sichtbar. Wer mit Brand Awareness Marketing long term die Grundlage bildet, kann die Marke mit Performance Marketing kurzfristig effektiv aktivieren und für Cashflow sorgen. Besonders in Krisenzeiten ist kommunikative und emotionale Werbung wichtig, um die mentale Verfügbarkeit zu erhöhen. Zudem ist der Wettbewerb oft ein bisschen geringer und Werbemaßnahmen kommen eher bei der Kundschaft an. Hält eine Marke sein Media-Investment in Reichweiten Marketing auch in der Krise stabil, kann das den Share of Voice signifikant erhöhen.  Auch Marketing-Guru Les Binet hat eine klare Meinung zu Marketing in der Rezession:

“The current situation where many people will find that their bills have gone up, gas and electric bills, and those sorts of things have become more expensive – people might become more price-sensitive. That might mean that the balance between brand messages that are more emotional and complicated, about prices might have to change. But it’s not clear which way we have to go. So, in a situation where people become more price-sensitive, it could be that an essential job for marketing is to try and make people pay less attention to prices. And you can only do that through emotional branding.” (Les Binet, Interview 2022)

Wenn du wissen willst, warum TV-Werbung auch in dein Budget passt und welche Kombinationsmöglichkeiten es im Digitalbereich gibt, findest du bei der Seven.One Entertainment Group Antworten.

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Hier schreibt die Redaktion des Restless CMO. Wir sind ein Team aus leidenschaftlichen Medien-Expert:innen und haben uns zur Aufgabe gemacht, Marketingentscheider:innen, CMOs, Founder:innen und alle Marketing-Macher bestmöglich über die neuesten Entwicklungen, Trends, Storys aus der Marketing-Branche zu informieren. Dabei ist es uns sehr wichtig einen …

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