Allein mit einer einzigen Frage bietet der Net Promoter Score (NPS) eine simple aber hilfreiche Basis, um über die Loyalität von Kund:innen zu informieren. Mitarbeitende können sich auf Grundlage des NPS effektiver auf die Kundenbegeisterung fokussieren und den erreichten Wert verbessern. Das funktioniert aber nur, wenn sie den Score nicht allein betrachten, sondern als Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen ansehen. Wir haben uns genauer damit beschäftigt, auf welche Art der NPS sein Versprechen erfüllt, in welcher Hinsicht er noch ausbaufähig ist und welche neueren Entwicklungen es gibt.
So lässt sich der NPS berechnen
Die NPS-Standardfrage, z.B. nach dem Kauf eines Produkts, lautet:
„Wie wahrscheinlich ist es, auf einer Skala von 0 bis 10, dass Sie uns an Freund:innen oder Bekannte weiterempfehlen?“
Befragte werden basierend auf dem von ihnen ausgewählten Wert in drei Gruppen eingeteilt:
1. Promotoren (Punktzahl: 9 oder 10) gelten als enthusiastische und loyale Kunden, die den Ruf einer Marke positiv beeinflussen und zum Wachstum beitragen.
2. Passive (Punktzahl: 7 oder 8) empfehlen die Marke zwar nicht weiter, kritisieren sie aber auch nicht aktiv. Diese Gruppe fließt nicht in die Berechnung des NPS ein. Es lohnt sich aber, sie im Auge zu behalten und eine bessere Bewertung ihrerseits anzustreben.
3. Detraktoren (Punktzahl 0 bis 6) empfehlen die jeweilige Marke nicht weiter. Sie können auch Kritik äußern und mit ihrer negativen Meinung dem Unternehmen schaden, indem sie potenzielle Kunden abschrecken.
Bei der Berechnung wird der durchschnittliche Prozentsatz der Detraktoren von dem durchschnittlichen Prozentsatz der Promotoren subtrahiert. Der NPS liegt stets zwischen -100 und +100. Erhält ein Unternehmen mehr negative als positive Werte, hat es in der Regel ernsthafte Probleme. Ein positiver Wert deutet entsprechend auf ein positives Kundenverhältnis hin.
Für einen Vergleich sollte der Durchschnittswert des jeweiligen Wirtschaftssektors bekannt sein, dieser kann von Branche zu Branche variieren. Spitzenwerte liegen normalerweise bei einem Score von 70, den aber selbst große und namhafte Konzerne kaum erzielen. Ein NPS von 100 ist das Maximalziel und sicherlich für jede Marke erstrebenswert, lässt sich aber so gut wie unmöglich erreichen.
Eine Human-Resources-Version ist der ENPS (Employee Net Promoter Score). Hierbei wird gefragt, ob Mitarbeitende ihren Arbeitgeber an Verwandte und Bekannte weiterempfehlen würden. Die Auswertung der Punktzahl und die Berechnung des Durchschnittswerts erfolgen auf dieselbe Weise wie beim NPS.
Relevanz und Grenzen des NPS
Ein NPS kann als Anhaltspunkt für die Produktqualität und das Wachstumspotenzial eines Unternehmens gelten sowie als Basis für weitere Maßnahmen angesehen und genutzt werden. Dieser Wert allein reicht aber nicht aus, um das Gesamtbild einer Firma widerzuspiegeln.
Christina Stahlkopf, stellvertretende Direktorin für Forschung und Analyse bei der Kundenagentur C Space, beschreibt in einem Harvard-Business-Review-Artikel ihre weiterführenden Studien mit ernüchternden Ergebnissen:
- 52 Prozent aller befragten Personen haben eine Marke sowohl empfohlen als auch von ihr abgeraten.
- Sie priesen ein Unternehmen an, wenn es gut zu den jeweiligen Freund:innen, Bekannten und Verwandten passte.
- Sie rieten von einer Marke ab, wenn sie für Verwandte und Bekannte unpassend erscheint.
- Die Kundschaft äußert mit Nachdruck Kritik, wenn ihnen ein Produkt aus dem Sortiment nicht gefällt, selbst wenn sie von der Marke überzeugt sind.
- Die passive Gruppe kann eine Marke ebenfalls loben, wird aus der NPS-Berechnung jedoch ausgeschlossen.
- Nur wenige Detraktoren raten wirklich aktiv von einer Marke ab.
Nuancen lassen sich also auf einer Skala von 0 bis 10 nur schwer erfassen. Der NPS lässt die Komplexität von Verbraucher:innen außer Acht.
Tipps für weiterführende Fragestellungen auf NPS-Basis
Der NPS ist demnach nicht das Ende aller Weisheit und Befragungen. Erst durch Langzeitbeobachtungen lassen sich Trends und Schwankungen erkennen. Zudem stellt der Score lediglich eine grobe Richtung und Grundlage für weiterführende Fragen dar.
Bei Promotoren sollte direkt die Nachfrage erfolgen, was ihnen am besten an dem Produkt oder dem Service gefällt, mit der anschließenden Bitte, diese positiven Aspekte auf Social Media oder in einer App-Store-Bewertung zu veröffentlichen. Bei den Passiven lohnt eine Erkundigung, was sie dazu bringen würde, die Marke und deren Produkte weiterzuempfehlen. Detraktoren können dagegen erklären, welche Verbesserungsmöglichkeiten es gibt. Bestenfalls hilft die Automatisierung dieser Folgefragen dabei, neben den quantitativen NPS auch konstantes qualitatives Feedback zu erhalten.
Nützlich ist auch eine Einteilung der Befragten in Segmente, z.B. in Altersgruppen, Geschlecht, eine Differenzierung zwischen Neu- und Bestandskund:innen oder Personen, die größere Geldbeträge ausgeben. Die Ergebnisse können in diesen unterschiedlichen Kategorien variieren und dabei unterstützen, Verbesserungsansätze an die spezifischen Kundentypen anzupassen.
Die Nutzerforschung unterstützt auch dabei, spezifische Probleme zu finden, die mit einem niedrigen NPS zusammenhängen können. Wenn möglich, helfen Einzel- bzw. Follow-up-Interviews, Live-Chats oder Usability Tests, die sich auf bestimmte Aspekte der Kundenerfahrung konzentrieren und ein vollständigeres Bild zeichnen. Hierbei kann es sich beispielsweise um die Bewertung, Benutzeroberfläche des Onlineshops, das Produktfeedback oder die Erfahrung mit den Servicemitarbeiter:innen handeln. Auf diese Weise können sich Marketer:innen spezifische Aspekte aufgreifen und exakt nachvollziehen, was genau sie optimieren müssen.
NPS – Die nächste Generation
Einen anderen Ansatz liefert Fred Reichheld. Er ist der ursprüngliche Erfinder des NPS. Der Unternehmensberater von Bain & Company beschreibt zusammen mit seinen Co-Autorinnen Darci Darnell und Maureen Burns in ihrem Buch „Winning on Purpose: The Unbeatable Strategy of Loving Customers“ interessante Optimierungsansätze. Das Harvard Business Review fasst diese Lösungen in einem Artikel über das Buch zusammen.
Hierzu entwickelten die Autor:innen eine zusätzliche Kennzahl, welche die Qualität und die wahrscheinliche Rentabilität eines Unternehmens genauer beschreibt. Dieser neue Wert soll einen klaren, datengestützten Zusammenhang zwischen Kundenerfolg, Wiederholungs-, Ergänzungs- bzw. Erweiterungskäufer, Mund-zu-Mund-Propaganda und erfolgreichen Geschäftsergebnissen herstellen. Anhand von Kundendaten der First Republic Bank ermittelte Reichheld, dass sich ein Großteil des Geschäftswachstums dieses Unternehmens auf wiederkehrende Kunden und deren Empfehlungen an Freund:innen zurückführen lässt. Diese Erkenntnisse animierten ihn dazu, die sogenannte „earned growth rate“ zu entwickeln.
Um diesen Wert zu berechnen, sind allerdings harte Daten, eine analytische Aufrüstung etwa in der Form von CRM-Technologie, Big Data Tools und die komplexen Berechnungen einer kundenbasierten Buchhaltung notwendig. Er untersucht dafür wiederkehrende und neue Kund:innen, die durch Empfehlungen und nicht durch den Kauf von beispielsweise Werbekanälen angeworben wurden. Reichhelds Fazit: Weiterempfehlungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Akquise und nicht nur ein netter Nebenaspekt.
Fazit:
Mit seiner Einfachheit kann der Net Promoter Score definitiv punkten, darin liegt sein Reiz. Gleichzeitig kann der NPS damit aber nur als Anhaltspunkt zur Kundenzufriedenheit dienen und seine Aussagekraft muss realistisch betrachtet werden. So ist es nützlich, die Entwicklung eines NPS über einen längeren Zeitraum zu beobachten, um die allgemeine Richtung der Unternehmensreputation zu verstehen. Damit lässt sich die Stimmung von Promotoren und Detraktoren nachvollziehen, um gezielter in ihre Belange zu investieren.
Kommt etwa eine Maßnahme gut an, lohnt sich die Fortsetzung oder sogar eine Erweiterung entsprechender Bemühungen. Zeigt sich dagegen eine Zunahme der Detraktoren, sollte sich das betroffene Unternehmen auf Ursachenforschung begeben. Weiterführende Befragungen in Form von Follow-up Interviews mit konkreten Fragestellungen, die sich auf bestimmte Aspekte der Customer Journey oder mögliche Schwächen des Produkts beziehen, sind dann notwendig. In jedem Fall stellt der NPS in seiner einfachsten Form nie den Endpunkt, sondern immer nur den Ausgangspunkt für ein besseres Verständnis der Kundenzufriedenheit dar.