Non-Fungible Tokens (NFTs) sind das digitale Phänomen der Stunde – spätestens seit Jack Dorsey, Gründer von Twitter, im März 2021 seinen ersten Tweet für 2,5 Millionen Dollar und der Künstler Beeple seine digitale Kunstsammlung für 70 Millionen Dollar versteigert haben. Was sind NFTs genau? Warum werden sie plötzlich für aberwitzige Summen gehandelt? Und wie lassen sie sich erfolgreich fürs Marketing einsetzen?
Was ist ein NFT?
Ein NFT oder Non-Fungible Token ist ein einzigartiges Sammlerstück in digitaler Form, das nicht repliziert werden kann. Wie Bitcoin werden NFTs mithilfe der Blockchain-Technologie erstellt und haben eindeutige Identifikationscodes und Metadaten. Um den Unterschied zu Bitcoins zu verdeutlichen, hilft der Vergleich zwischen Banknoten (Bitcoin) und Kunstwerken (NFT). Bei physischen Banknoten spielt es keine Rolle, um welchen konkreten Schein es sich letztlich handelt, da sie innerhalb derselben Art alle den gleichen Wert haben. Bei Kunstwerken wird hingegen sehr wohl zwischen einzelnen Unikaten unterschieden – und dasselbe gilt auch für NFTs.
NFTs können alles sein, was digital ist. Die ersten Anwendungsfälle stammen aus der Kunst- und der Musikwelt: So versteigerte die kanadische Musikerin Grimes eine Sammlung von 10 NFTs und erzielte innerhalb von 20 Minuten 6 Mio. $ und Kings of Leon veröffentlichten Sonderausgaben ihres letzten Albums als NFT, bevor es allgemein veröffentlicht wurde. NFTs sind so konzipiert, dass Käufer:innen Eigentumsrechte an dem Werk erhalten, obwohl der/die Künstler:in weiterhin das Urheberrecht und die Reproduktionsrechte behalten kann.
Warum können NFTs für Marken nützlich sein?
Wie fast jedes digitale Trendphänomen können auch NFTs aufgrund des weltweiten Interesses und der Presseaufmerksamkeit gut für kreative Marketingkampagnen genutzt werden. Hierbei bieten sie die Möglichkeit, die Markenbekanntheit zu verbessern, Geld für gute Zwecke zu sammeln und die Kund:inneninteraktion zu erhöhen. Auch kann zum Beispiel die Kund:innenbindung gesteigert werden, wenn Sammler:innen durch den Besitz von exklusiven NFTs ein tieferes Gefühl der Verbundenheit mit ihren Lieblingsmarken aufbauen.
Wie nutzen Marken NFTs?
Gutes tun
Die US-Fastfood-Kette Taco Bell stellte Anfang des Jahres ihre NFTacoBell-Kollektion vor: insgesamt 25 Stück Krypto-Kunst, die innerhalb von 30 Minuten ausverkauft waren. Ursprünglich waren die Preise auf 1 $ festgelegt (Preis pro Taco), aber der Wiederverkauf der NFTs erhöhte einige der Preise auf mehr als 3.600 $. Mit jedem Weiterverkauf verdient Taco Bell 0,1 % an Lizenzgebühren, die an die Taco Bell Foundation gespendet werden. Immer mehr Kund:innen erwarten von ihren Marken, dass sie sich für gute Zwecke einsetzen und wie das Beispiel von Taco Bell zeigt, bieten NFTs hierfür eine kreative und effektive Möglichkeit.
Steigerung des Fan-Engagements
Im April 2021 kündigte McDonald’s Frankreich einen Social-Media-Wettbewerb an: Follower konnten dabei eine Reihe von NFTs gewinnen, die klassische Menüs repräsentieren. Der Fast-Food-Riese kündigte die ersten beiden NFTs – eine Schachtel Chicken McNuggets und den berühmten Big Mac – in einem Instagram-Post an, begleitet von dem Hashtag „#McDoNFT“. Eine Woche später folgte ein Twitter-Post, der zwei weitere McDonald’s NFTs ankündigte – Sundae und Fries. Von jedem Produkt gibt es fünf Exemplare, also insgesamt 20 NFTs, welche die Follower in den sozialen Medien gewinnen können. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels hatten der Instagram-Post über 7000 Likes und der Twitter-Post über 4000 Likes mit über 1000 Retweets generiert.
Kund:innenbindung durch eine einmalige Sammleredition generieren
Auch Luxusmarken wollen sich ein Stück vom NFT-Kuchen abschneiden. Im April 2021 versteigerte die Luxusuhrenmarke Jacob & Co. ein einzigartiges NFT, das vom internen Designteam von Jacob & Co. entworfen wurde. Es enthielt alle physischen Ausrüstungsgegenstände, die zu einer High-End-Uhr gehören, wie ein Eigentumszertifikat und ein Gehäuse, aber auch eine Festplatte mit dem NFT – als eine komplett digitale Darstellung einer Jacob & Co.-Uhr. Laut Marke war das NFT für Sammler:innen gedacht, die in ein einzigartiges Stück investieren wollen. Bei der Auktion erzielte es 100.000 $. Dieses Beispiel zeigt: Es gibt einen Markt für leidenschaftliche Markenfans, die auch bereit sind, höhere Summen auszugeben, um sich einem Unternehmen oder einem Produkt näher zu fühlen.
Produktion von exklusiven, handelbaren Sammlerstücken
Die National Basketball Association (NBA) wollte die Nostalgie und Leidenschaft für Sammelkarten unter amerikanischen Basketballfans aufgreifen und durch NFTs ins Jahr 2021 bringen. Anstatt einer physischen Karte ist es nun möglich, ein digitales NBA-Highlight zu besitzen. Der Preis der Packs richtet sich nach der Seltenheit. Es gibt nur wenige Packs mit ikonischen Stars und Shots, während mehr Packs mit normalen Spielern und Spielen produziert werden. Durch Seltenheit, Markenwert, Exklusivität und dem Wunsch der Kund:innen nach Nostalgie hat die NBA ein spannendes Konzept geschaffen. Bis zum 24. Februar 2021 hatten die NBA NFTs einen Umsatz von über 200 Millionen US-Dollar mit mehr als 65.000 Käufer:innen erreicht.
NFTs – Herausforderungen und die Zukunft
Wie sich gezeigt hat, bieten NFTs spannende neue Möglichkeiten für Marketing-Profis. Sie eignen sich hervorragend, um unvergessliche Erlebnisse für Kund:innen zu schaffen, und ermöglichen es zudem, mit einer Zielgruppe in Kontakt zu treten und zu interagieren.
Die Technologie steckt jedoch noch in den Kinderschuhen und die Entwickler:innen müssen sich mit Umwelt- und Speicherproblemen auseinandersetzen. Das aktuelle System für Kryptowährungs- und NFT-Transaktionen ist aus ökologischer Sicht unhaltbar (eine Kryptowährungstransaktion verbraucht schätzungsweise so viel Energie wie 700.000 Visa-Transaktionen). Es gibt auch Bedenken bezüglich der Lagerung. Nachdem ein NFT gekauft wurde, wird der Inhalt nicht auf der Blockchain gespeichert, sondern auf einem Server – hierdurch besteht die Möglichkeit, dass es versehentlich gelöscht wird. Unternehmen sollten sich auch immer vor Augen halten, dass NFTs als eine Graswurzelbewegung begonnen haben, um Urhebern die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeit direkt mit ihren Fans zu teilen und zu monetarisieren. Unreflektierte Aneignung und Ausnutzung der Publicity durch Unternehmen kann schnell auf Kritik von dieser Community stoßen.
Was die Zukunft angeht, so sagen viele Expert:innen weitere Marketing-Anwendungsfälle voraus, insbesondere für mehr Kund:innenbindung sowie um größere Transparenz und Authentizität zu erzeugen. Zum Beispiel könnten Modemarken ein NFT-Ticket für eine Modenschau in 10 zufällig ausgewählte Kleidungsstücke integrieren. Oder Luxusprodukte könnten mit NFTs versehen werden, welche die Kaufhistorie eines teuren Artikels verfolgen, sodass Käufer:innen beim Wiederverkauf genau wüssten, wem der Artikel zuvor gehört hat. Die gleiche Technologie könnte eingesetzt werden, um den Verkauf von Fälschungen zu verhindern. Da Vertrauen eine hohe Priorität für Verbraucher:innen hat, lohnt sich ein genauerer Blick auf diese und weitere Anwendungsfälle.
Eines ist jedoch sicher – die Blockchain- und NFT-Technologie ist gekommen, um zu bleiben. Marketing-Profis sollten daher darüber nachdenken, wie sie diese Technologie in ihre digitale Marketingstrategie jetzt und in Zukunft integrieren können.