Wie finden Unternehmen die ideale Besetzung für den Marketing-Job? Und welche Fehler gilt es zu vermeiden, um den bestmöglichsten Mitarbeiter für sein Unternehmen zu gewinnen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Jessica Richard, verantwortlich für das Recruiting bei SOCIAL CREATIVE TALENTS in München.
Die Besetzung von Marketing-Jobs gestaltet sich häufig als langwierig. Ein Grund hierfür ist, dass es nicht DEN einen Marketing-Job gibt. Jeder Jobinteressent besitzt unterschiedliche Erfahrungen und Qualifikationen und eine Job Description existiert nicht. Sucht man einen Social Media Manager, einen Brand Manager, einen Produktmanager mit Marketingverantwortung oder einen Performance Marketing Spezialisten? Schon diese kurze Aufzählung – und das deckt sicherlich nur ein Minimum der Jobvielfalt ab – zeigt, wie komplex das Thema ist. Zudem gibt es zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten, über deren Sinn sich streiten lässt.
Das Marketing entwickelt sich in einem absoluten Speed, der ständige Veränderungen zur Folge hat, aber zugleich neue Chancen bietet. Zusätzlich stellt sich die Frage, welcher Typ Mensch im Marketing gesucht wird. Der Generalist eignet sich zum Beispiel dafür, das Marketing in einem Start-up aufzubauen. Wenn das Unternehmen jedoch wächst und sich der Marketingbereich professionalisiert, müssen sich Marketer in einzelne Themen tiefer einarbeiten. Daher sollte der Recruiting-Prozess das Entwicklungspotenzial der Jobinteressenten herausstellen.
Hier sind vier Tipps für Start-ups zur Rekrutierung des besten Marketingpersonals:
1. Authentizität:
So Buzzword. So Old-School. Aber hier werden die meisten Fehler gemacht. Ganz wichtig: Verwechseln Sie Authentizität nicht mit Sympathie. Ein Beispiel: Tischkicker, Obst-Tag und Getränkepipeline verfehlen ihr Ziel, um sich als Arbeitgeber attraktiv zu machen, wenn die Auftragslage regelmäßig 60 Wochenstunden abverlangt. Wenn Sie aber Top-Kunden und Projekte haben und ein überdurchschnittliches Gehalt bieten, dann kommunizieren Sie das – Qualität und Einsatzwillen haben ihren Preis. Ein weiteres Beispiel: Wenn Sie als Agentur mit 9-to-5 Arbeitszeiten werben und in Ihrem Vertrag dann steht, dass Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, machen Sie sich unglaubwürdig.
2. „Proof of Talent“:
Arbeitsproben sind immer noch das Auswahlinstrument schlechthin. Jeder Texter, jeder Art Director, jeder PR-Spezialist bringt Arbeitsproben mit. Bei einem Marketing-Allrounder oder Social Media Manager wird es schwieriger, Erfolge oder Kreativität nachzuweisen. Sie müssen neben dem Erfassen der Persönlichkeit herausfinden, was der Jobinteressent kann. Dies sollten Sie über außergewöhnliche Inhalte tun, die das Talentneugierig machen, seine Offenheit fördern und ihn von den üblichen Vorstellungs-Gesprächs-Phrasen wegbringen. Nein, keine Angst, Sie müssen deshalb kein eigenes Gamification-Tool programmieren. Setzen Sie ein einfaches Umfrage-Tool wie zum Beispiel Typeform ein. Eine Twitter-Aufgabe als Beispiel:„Verkaufen Sie einem FKK-Fan Bademode in 280 Zeichen“. Es eignet sich auch eine Video-Aufgabe: „Beantworten Sie uns zwei Fragen in einem Clip von maximaleiner Minute“. Man entwickelt hier mitunter außergewöhnliche Themen, die man zielführend einsetzen kann, um das Können der Jobinteressenten einzuschätzen. Apropos Video-Clip: Das führt uns zum nächsten Tipp …
3. „Realistic Job Preview“:
Stellen Sie den Recruiting-Prozess auf den Kopf und beginnen Sie mit dem Onboarding: Zeigen Sie den Interessenten das Team und die Arbeitsumgebung. „Das sind Ihre Teamkollegen, so könnte Ihr Arbeitsplatz aussehen und so ein typischer Arbeitstag.“ Oder stellen Sie den Joballtag in Mitarbeitervideos dar und gehen Sie in Vorleistung. Jobinteressenten können so ein Matching zu ihren Erfahrungen, ihren Werten und ihrem Proof of Concept ziehen.
4. „Active Sourcing“:
Das Thema der Stunde. Wenn Sie Active Sourcing betreiben, also die eigenständige, proaktive, Recherche, Ansprache und Rekrutierung potenzieller Mitarbeiter, bauen Sie sich eine Pipeline an guten Leuten auf. Über außergewöhnliche Ansprachen findet man darüber spannende Menschen, die im Idealfall den eigenen Horizont erweitern. Außerdem bietet Active Sourcing den großen Vorteil, Bewerbungen vergleichbar zu machen. Wichtig ist an dieser Stelle, kreative Fragen zu stellen, um die Wertevorstellungen des Jobinteressenten zu erfahren. Wenn für Sie Intrapreneurship eine wichtige Eigenschaft ist, versuchen Sie auch diese zu eruieren. Wenn Sie Kandidaten für Jobs weiterempfehlen, sollten alle Bewerber die gleichen, teils ungewöhnlichen Fragen beantworten- und werden so für den Recruiter vergleichbar. Das bloße Nebeneinanderlegen von CVs kann diesen Vergleich nicht in der Form bieten.