Spannende Zeiten stehen dem Marketing bevor: Das letzte Jahrzehnt war gezeichnet von wachsender Automatisierung und diese Entwicklung wird sich mit der zunehmenden Technologisierung des Alltags auch weiterhin verstärken. Doch was bedeutet dies für die Zukunft des Marketings? Welche Rolle spielen Faktoren wie Kreativität oder Personalisierung von Markeninhalten? Wir haben fünf Branchenexperten zu den Marketing-Trends 2030 befragt.
Klaus Weise, Managing Partner von Serviceplan Public Relations, unterstreicht die zunehmende Bedeutung von Daten:
„Agenturen müssen ihre Teams für die digitale Kommunikation im Umgang mit Daten auf- und ausrüsten. Dafür sollten sie ausgebildete SEO-Experten und Performance-Marketer einstellen. Die Auswertung von Daten, beispielsweise aus Suchanfragen, wird genauso bedeutend werden wie Skills im Umgang mit Journalisten oder die Kreation für den TVC. Agenturen müssen künftig offline und online vollkommen integriert arbeiten, Inhalte kreieren und reagieren – überall dort, wo Meinung entsteht, sei es im Gespräch, unter vier Augen, im Kommentarfeld von Instagram oder im TV-Spot. Die Zeit, in der sich die Werbung und PR als Stand-Alone-Disziplinen verstanden, die mit Daten nichts zu tun haben, geht definitiv zu Ende.“
Klaus-Dieter Koch, Markenexperte und Gründer der Managementberatung BrandTrust, hebt den Wert von emotionalem Storytelling hervor.
„Wenn Marken zukünftig eine Rolle im Leben der Menschen spielen wollen, dann müssen die verantwortlichen Manager spätestens jetzt damit beginnen, an die Macht der Überzeugungen zu glauben und diese persönlich und auf Augenhöhe ausdrücken. Auch wenn der Begriff ‚Purpose‘ Gefahr läuft, zum Buzzword zu verkommen: An der Realität ändert es nichts. Menschen suchen Orientierung und fragen nach dem Warum. Konsum wird damit zur Manifestation. Deshalb sollten insbesondere etablierte Marken ihr System auf Sinn- und Impact-Potenzial durchleuchten.“
Christian Fuchs, Inhaber und Senior Berater der Agentur fuchsundwald, betont in diesem Zusammenhang die veränderten Bedürfnisse junger Kundengruppen:
„Die Zukunft gehört den Millennials und der Generation Z. Deren Wünsche gilt es zu erfüllen. Und der Weg dorthin braucht viel Mut, gute Unterhaltung und muss die klassische Bewerbung von Produkten außen vorlassen. Marketer und Unternehmen müssen sich auf Augenhöhe mit ihrer Zielgruppe begeben. Bleibe Dir treu und lebe mit Deinen Ecken und Kanten. Die Zukunft wird bunt, emotional und persönlich.“
Gilg Frick, Geschäftsführer der Marketing-Agentur NPIRE, hebt ebenfalls den Wert einer guten Story hervor, die künftig über noch mehr Kanäle erzählt werden kann:
„Für ein erfolgreiches Marketing wird immer eine starke Marke und damit verbunden vor allem eine spannende Geschichte notwendig sein. Bei den eigentlichen Marketingmaßnahmen geht es von Visual zu Audio – in den letzten Monaten haben Podcasts stark an Aufmerksamkeit gewonnen und auch Smart-Speaker und Sprachsteuerung werden eine immer größere Rolle spielen. Der smarte Umgang mit Community Marketing wird zudem wichtiger, also Gruppen, Empfehlungen, Influencer.
Insgesamt wird alles immer digitaler. Messung, Attribution, Aggregation und Automatisierung (Stichwort KI) nehmen zu. Bislang können automatisierte Marketing-Systeme das Verhalten der Kunden tracken und Maßnahmen darauf ausrichten. Zukünftig werden die Bedürfnisse der Kunden nicht nur identifiziert, sondern auch prognostiziert werden. Das gilt sowohl für natürlich entstandene Bedürfnisse, als auch für künstlich kreierte. Und wenn dann alle ihre Maßnahmen vom Algorithmus steuern lassen, sinken die Deckungsbeiträge zugunsten der Plattformen wie Google und Facebook. Dann spielt wieder Kreativität eine Rolle und dabei werden vermutlich auch wieder alte Ideen wie Billboards, SMS und offline Marketing neu belebt.“
Sven Olaf-Peeck, Geschäftsführer der Content & Online-Marketing-Agentur Crowdmedia, hinterfragt in diesem Zusammenhang die Marktmacht der amerikanischen Tech-Riesen:
„Abseits der allgegenwärtigen Buzzwords KI und Machine Learning – deren Auswirkungen auf das Marketing von den wenigsten Leute realistisch bewertet werden können – ist für mich als Onliner die zentrale Frage: Werden die großen vier oder fünf trotz ihrer Monopolstellung weitermachen können und dürfen? Falls ja, dann sehe ich eine Phase der Evolution: Google inklusive der Tochter YouTube ist das Synonym für Suche. Facebook bleibt mit seinen Töchtern ein Dickschiff im Thema Reichweite und Werbung. Dem entgegen steht eine mögliche Regulierung. Die DSGVO war ein erster Schritt, Cookie Consent steht vor der Tür. Alles Dinge, die Kontrolle an den Nutzer zurückgeben sollen und dabei als Nebeneffekt dem Marketing das Leben schwermacht. Vielleicht schauen wir auf das Jahr 2018 zurück und sagen da endete der Wilde Westen im Online-Marketing endgültig“‘.“