Die Pandemie hat einen großen Einfluss darauf gehabt, wie wir arbeiten. Remote Work und flexible Arbeitszeiten sind zur Norm geworden. Marketingunternehmen entwickeln neue Richtlinien, um ihre Mitarbeiter:innen durch die veränderte Situation zu führen. Wenn wir die schwerwiegendsten Folgen der Pandemie hinter uns haben; welche gewohnten Bestandteile unserer Arbeitswelt bleiben dann noch? Wir werfen einen Blick darauf.
Arbeiten von zu Hause aus, im Büro oder hybrid?
Als 2020 die Unternehmen begannen, ihre Mitarbeiter:innen ins Home Office zu schicken, war die Marketingbranche relativ gut gerüstet. Sie ist hochgradig digitalisiert und die Marketingteams waren bereits gut mit Onlinetools zum Zusammenarbeiten vertraut. Viele Mitarbeiter:innen freuten sich über die Aussicht, sich abseits des Büros in Ruhe auf ihre Aufgaben konzentrieren zu können. Die Arbeitgeber:innen schienen diese Begeisterung zu teilen: Zum 20. Mai 2021 war der Prozentsatz der Marketing-Stellenausschreibungen auf LinkedIn, die Remote Work anboten, im Vergleich zum Vorjahr um 457% gestiegen. Diese Postings erhielten doppelt so viele Bewerbungen wie Inserate ohne ein solches Angebot.
Jetzt, da die Pandemie-Beschränkungen nachlassen, evaluieren viele Unternehmen ihre Erfahrungen mit Remote Working und überlegen, wie die Zukunft der Arbeit aussehen soll.
Unternehmen profitieren von mehreren Vorteilen, die sich aus remote arbeitenden Teams ergeben. Sie können Immobilienkosten reduzieren, Bewerber:innen von überall her einstellen und einsetzen, ohne dass teure Umzugskosten anfallen, und – wie Untersuchungen zeigen – möglicherweise Produktivitätssteigerungen erzielen. Die Mitarbeiter:innen können sich ihren Wohnort aussuchen und teure Unternehmensstandorte vermeiden, auf Pendeln verzichten und eine bessere Work-Life-Balance genießen. Es bestehen jedoch weiterhin Bedenken in Bezug auf Kommunikation, Teamwork, Unternehmenskultur und Teamgeist. Marketing ist eine Branche, die auf Kreativität und Ideen angewiesen ist, und viele Marketingfachleute haben erkannt, dass Zusammenarbeit und Brainstormings im persönlichen Gespräch viel einfacher, produktiver und weniger ermüdend sind als online.
Wie sollten Unternehmen diese positiven und negativen Aspekte unter einen Hut bringen? Viele erwägen ein Hybridmodell, bei dem die Mitarbeiter:innen einen Teil der Zeit im Büro und einen Teil der Zeit zu Hause verbringen, was zumindest oberflächlich betrachtet das Beste aus beiden Welten bietet. Ein Vorreiter ist hier die Online-Parfümerie flaconi, die ihren Mitarbeiter:innen die Wahl zwischen dem Traveller-Modell (mehr Zeit remote arbeiten, Hilfe bei der Einrichtung eines Home Office, kein fester Arbeitsplatz) und dem Settler-Modell (mehr Zeit im Büro und ein fester Arbeitsplatz) bietet. Die Mitarbeiter:innen werden gebeten, mindestens zwei Tage pro Woche im Büro zu arbeiten, wobei ein Tag der Zusammenarbeit im Team gewidmet ist und der zweite Tag für die teamübergreifende Zusammenarbeit reserviert wird. Das Unternehmen gewann kürzlich einen “Modern Work Award” für diesen zukunftsweisenden Ansatz.
„Kannst Du meinen Bildschirm sehen?“
Hybrides Arbeiten könnte in Zukunft tatsächlich der Standard für Arbeitnehmer:innen werden. Deshalb diskutieren viele Marketingteams derzeit darüber, wie sie verhindern können, dass die interne Kommunikation und Zusammenarbeit leidet, wenn die Kolleg:inen nicht im Büro sind.
Als die Pandemie ausbrach, entdeckten viele Organisationen die Vorteile von Tools wie Microsoft Teams und Zoom, die Gruppen-Videoanrufe, Chats und sogar Events ermöglichen. Plötzlich war es möglich, sich mit Kolleg:innen zu vernetzen und trotz entfernter Standorte Entscheidungen zu treffen. Viele stellten jedoch fest, dass ihr Kalender bald mit Videoanrufen voll war. Zeit für konzentriertes Arbeiten wurde immer seltener und Meetings nahmen zu, bei denen die Tagesordnung vielleicht nur teilweise für sie relevant war. Es gab keine strikten Regeln, wie man sich bei Videoanrufen zu verhalten hatte, und einige empfanden die direkte Übertragung ihrer Privatsphäre auf Kollegen als aufdringlich.
Um dem entgegenzuwirken, entwickeln viele Teams Richtlinien für die Videocalls. Der allgemeine Konsens ist, dass sie für den Informationstransfer und für Einzelgespräche nützlich sind, aber weniger für kreative Gruppendiskussionen und Networking. Um den Mitarbeiter:innen besprechungsfreie Zeiten zu garantieren, überlegen die Teams auch, ob sie jede Woche eine Zeit blockieren, in der keine Besprechungen erlaubt sind (z. B. in der Mittagspause und am Freitagnachmittag, um den Kolleg:innen die Möglichkeit zu geben, an ihren eigenen Projekten zu arbeiten, die Konzentration erfordern). Regeln für Videoanrufe sind in der Diskussion: Unter welchen Umständen sollte es erlaubt sein, den Bildschirm auszuschalten und auf stumm zu schalten? Für welche Art von Anrufen ist es notwendig, einen “Corporate Background” hinzuzufügen, und wann reicht es, den Hintergrund einfach unscharf zu machen?
Die Frage der Arbeitszeit
Die Pandemie hat die Augen für die Möglichkeiten flexibler Arbeit geöffnet – nicht nur, wo gearbeitet wird, sondern auch wann. Zunehmend wird Arbeitszeit nicht mehr als ein wöchentliches Kontinuum verstanden, sondern als ein flexibles Kontingent, das an individuelle Situationen und Lebensphasen angepasst werden kann.
Einige Marketingteams denken über flexible Zeiten nach, sodass Arbeitnehmer:innen die Rushhour vermeiden oder früh anfangen und aufhören können, damit sie mehr Zeit für die Familie haben. Obwohl viele der Meinung sind, dass es den Angestellten überlassen bleiben sollte, wann sie ihre Arbeitszeit ableisten, sind sich die meisten Teams einig, dass es eine Zeit geben muss, zu der jeder erreichbar ist.
Einige Länder haben sogar begonnen, mit einer kürzeren Arbeitswoche zu experimentieren, die Studien zufolge die Menschen glücklicher und nicht weniger produktiv macht. Im Februar 2021 stimmte die spanische Regierung zu, eine 32-Stunden-Woche zu erproben, ohne die Löhne der Arbeitnehmer:innen zu kürzen. Im Jahr 2020 hat die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern die Vier-Tage-Woche als einen Ansatz angepriesen, der die Produktivität, die Work-Life-Balance und sogar den Inlandstourismus ankurbeln könnte.
Auch prominente Arbeitgeber und Führungskräfte sind davon begeistert. Google-Mitbegründer Larry Page fordert schon seit Jahren das Ende der 40-Stunden-Woche. Und Sir Richard Branson, der milliardenschwere Gründer der Virgin Group, ist der Meinung, dass die Fünf-Tage-Woche nicht in Stein gemeißelt ist.
Zusammenfassung
Es besteht kein Zweifel, dass sich die Arbeitswelt infolge der Pandemie verändert. Die Tatsache, dass ehrgeizigere Vorschläge wie eine kürzere Wochenarbeitszeit diskutiert werden, ist ein starkes Signal für das Veränderungspotenzial. Heimarbeit und flexible Arbeitszeiten sind heute Realitäten, die höchstwahrscheinlich auch in Zukunft Bestand haben werden. Auf Teamebene müssen die Mitarbeiter:innen entscheiden, welche Regelungen für sie funktionieren, damit sie ihre Ziele nicht aus den Augen verlieren und sie gleichzeitig glücklich und zufrieden macht.