Was Marketing von der Impfverweigerung der Generation Z lernen kann

Junge Menschen sind skeptischer als Ältere, wenn es um die Impfung gegen das Coronavirus geht. Die Hintergründe der Impfverweigerung dieser Altersgruppe bringen einige hilfreiche Tipps für Marketingleute auf den Tisch. Wir haben uns das Phänomen genauer angeschaut.

Ende Juli 2021 hat die Hamburger Kommunikationsagentur fischerAppelt eine Studie zur Einstellung Jugendlicher gegenüber dem COVID-19-Impfstoff veröffentlicht. Darin stellte sich heraus, dass 35 % der jüngeren Deutschen komplett gegen die Impfung sind. Ebenso in den USA: Forscher der Universität von San Francisco fanden heraus, dass etwa einer von vier Ungeimpften im Alter zwischen 18 und 25 Jahren sagten, dass sie sich „wahrscheinlich nicht“ oder „sicher nicht“ impfen lassen werden. In England gab es Berichte, dass überschüssiger Bestand des COVID-19-Impfstoffes entsorgt werden sollte, da es unter jüngeren Menschen deutlich weniger Nachfrage gab. 

Aber warum ist sich diese Altersgruppe diesbezüglich so unsicher? Und was sind die relevanten Erkenntnisse für Marketer:innen, wenn man sich die schwer fassbare Zielgruppe Gen Z ansieht? 

Impfverweigerung: Erst hatte ich keine Priorität

In den meisten Ländern wurden Impfstoffe zuerst den älteren Menschen angeboten, da sie ein höheres Risiko haben, schwer an COVID-19 zu erkranken. Jüngere hatten erst am Schluss die Chance, einen Impfstoff zu erhalten. Viele junge Menschen waren damit nicht einverstanden – laut der fischerAppelt Studie fanden 43 % der Jüngeren die Priorisierung falsch. 

Unter jungen Menschen ist das Gefühl verbreitet, dass sie erhebliche Opfer gebracht haben, um eine Verbreitung von COVID-19 zu vermeiden. Verglichen mit anderen Altersgruppen haben sie häufiger ihren Job und auch geliebte Menschen verloren. Viele mussten traditionelle Meilensteine des Erwachsenwerdens verschieben, wie etwa den Schulabschluss oder das Ausziehen aus dem Elternhaus. Zudem müssen sich viele von ihnen in der aktuellen ökonomischen Situation darauf einstellen, einen niedrigeren Lebensstandard als ihre Eltern zu haben. 

Verschiedene Brands waren äußerst erfolgreich damit, sich auf die Bedürfnisse der Gen Z zu fokussieren, wie etwa adidas mit dem Mobile First-Ansatz und seinem ersten geschlechtsneutralen Geschäft in London sowie Kylie Cosmetics mit konstantem Engagement auf Social Media Plattformen. Die Gen Z zu priorisieren ist auch aus finanzieller Sicht sinnvoll – sie umfassen einen signifikanten Anteil der gesamten Konsumenten (40 % in den USA) und verfügen über eine überwältigende Kaufkraft (143 Milliarden Dollar)

Die Lektion lautet: Die Gen Z will nicht am Ende der Liste stehen. Sie wollen gehört werden. Gib dieser Zielgruppe das Gefühl, dass sie Priorität hat, indem du dorthin gehst, wo sie sich aufhalten.

Ich traue den Verantwortlichen nicht

Viele junge Menschen gaben an, dass sie sich nicht impfen lassen werden, weil sie kein Vertrauen in die Regierung haben. Sie brachten Bedenken über die vorliegenden Daten zum Ausdruck und fühlten sich verunsichert, dass so viele Autoritätspersonen sie unter Druck setzten, sich impfen zu lassen. 

In der Tat scheint es innerhalb der Gen Z ein größeres Misstrauen gegenüber Institutionen zu geben. Der Bericht „Gen Z Worldview Tracker“ von Morning Consult aus dem Jahr 2020 zeigt, dass die durchschnittliche Vertrauensbewertung in 15 große Institutionen in nur zwei Monaten von 56 % auf 46 % gesunken ist, mit den größten Verlusten bei der Polizei, der US-Regierung, dem Strafjustizsystem und den Nachrichtenmedien. 

Vertrauen bleibt auch die Schlüsselfrage, wenn es um das Verhältnis der Gen Z zu Brands geht. Sie unterziehen Brands einer eingehenden Prüfung und sind als Verbraucher:innen leicht in der Lage, Unaufrichtigkeit von unglaubwürdigen Marken auszumachen. Das jüngere Publikum will, dass Brands zu gesellschaftlichen Themen Stellung beziehen. Dabei sind sie durchaus versiert und erkennen, dass eine Brand sich selbst gegenüber nicht treu ist. Sie sind außerdem skeptisch, was „Greenwashing“ und „Rainbow Washing“ sowie überstrapazierte Marketing Buzzwords angeht. Sie wollen authentische Brands, die ihre eigenen Werte unterstützen. Eine oft zitierte Erfolgsgeschichte ist das Schuhlabel TOMS mit seiner „One-for-One“ Branding Strategie, das authentisch gewachsen ist, während es die Anzahl der verkauften Schuhe gleichzeitig gespendet hat. 

Die Lektion lautet: Gen Z schätzt Authentizität und Vertrauen. Stelle sicher, dass deine Claims eine echte Bedeutung haben.

Ich brauche mehr Informationen

Viele junge Menschen sagen, sie benötigten mehr Informationen zu Sicherheit und Nebenwirkungen, bevor sie sich impfen lassen würden. In der fischerAppelt Studie gaben 51 % der jungen Menschen Angst vor langfristigen Nebenwirkungen als Hauptgrund für die Impfverweigerung an, wobei Frauen 8 % häufiger über mögliche gesundheitliche Probleme beunruhigt waren. 

Auch wenn es um Brands geht, ist Transparenz für die Gen Z besonders wichtig. Diese Konsumenten wissen, wenn eine Brand nicht transparent ist und die Generation zögert nicht, Firmen für unethisches Verhalten und falsche Werbung zu boykottieren. Einer der prominentesten Boykotte der letzten Zeit war #boycottstarbucks, bei dem gegen die Entscheidung des Kaffeegiganten protestiert wurde, dass die Mitarbeiter:innen keine Accessoires oder Kleidung tragen durften, die die Black Lives Matter Bewegung thematisierten – obwohl das Unternehmen in Tweets Unterstützung für die Bewegung signalisiert hatte. 

Einer der Pioniere für Transparenz ist die Bekleidungsfirma Patagonia. Mit ihren Footprint Chronicles zeigen sie die einzelnen Produktionsschritte in ihrer Lieferkette auf der eigenen Webseite auf und laden ihre Kundschaft zu Rückmeldungen ein, welcher dieser Schritte verbessert werden kann. 

Die Lektion lautet: Um die Gen Z als Kundschaft zu gewinnen und zu halten, müssen Brands die eigenen Werte und Geschäftspraktiken möglichst vollständig, ehrlich und transparent darstellen.

Zusammenfassung

Die Impfverweigerung unter den jüngeren Menschen mag für viele Länder eine echte Überraschung gewesen sein. Doch nun, da die Gründe dafür langsam klar werden, sind alle aus dem Marketing gut beraten, genau hinzuhören, was die Jüngeren sagen. Schließlich ist die Gen Z eine mächtige Konsumentengruppe – und du musst dich fragen: Könnte deine Brand ohne sie auskommen?

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Hier schreibt die Redaktion des Restless CMO. Wir sind ein Team aus leidenschaftlichen Medien-Expert:innen und haben uns zur Aufgabe gemacht, Marketingentscheider:innen, CMOs, Founder:innen und alle Marketing-Macher bestmöglich über die neuesten Entwicklungen, Trends, Storys aus der Marketing-Branche zu informieren. Dabei ist es uns sehr wichtig einen …

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