Warum der Markenwert so enorm wichtig ist

Eine wertvolle Marke in einer Welt aufzubauen, in der sich Unternehmen vor allem auf Wachstum konzentrieren, stets auf Kundenfang sind und Investoren zufrieden stellen wollen, ist nicht einfach. Professor Ruedi Alexander Müller-Beyeler, Wissenschaftler, Autor und CEO der Tatin Communications Management GmbH aus Zürich, über den Aufbau des Markenwerts in der heutigen Unternehmenskultur.

Der Wert einer Marke umfasst nicht etwa nur das Logo oder die Unternehmensfarben. Er beschreibt vielmehr die Fähigkeit eines Unternehmens, die eigene Kundenbindung zu vergrößern und den Unternehmenswert langfristig zu steigern. Der folgende Text beschreibt, warum der Aufbau des Markenwertes mehr als eine traditionelle Marketingstrategie benötigt und wieso Unternehmen gut beraten sind, hier Prioritäten zu setzen.

Der Aufbau eines Markenwertes ist kein Marketing

Eine Marketing-Kampagne definiert sich durch kurzfristige, speziell auf den Verkauf ausgerichtete Maßnahmen, um die vorab definierten Zielsetzungen zu erreichen. Der Aufbau eines Markenwertes zielt dahingegen darauf ab, langfristige Kundenbindung und damit den Wert des Unternehmens zu steigern. 

Aus diesem Grund verbinden moderne Unternehmen zunehmend Marketing- und Kommunikationsfunktionen im Zuge ihrer Business-Planungen. Sie setzen redaktionelle Strukturen und Prozesse ein, um in ständigem und konstruktivem Dialog mit ihren Kunden zu bleiben. Während in der Vergangenheit vor allem Medienhäuser auf dieses Prinzip setzten, ziehen aktuell auch immer mehr klassische Unternehmer nach. Das Storytelling ist dabei entscheidend: Heutzutage kommunizieren sie auf einer Vielzahl von medialen Plattformen kontinuierlich über das eigene Unternehmen, über entsprechende Veranstaltungen und über die eigenen Mitarbeiter.

Dabei ist Red Bull ein wahrer Wegbereiter dieses Konzepts. Das Red Bull Medienhaus hat dem Unternehmen, das ursprünglich nur ein koffeinhaltiges Energiegetränk verkauft hat, die Mittel gegeben, um ihre Marke über mehrere verschiedene Multimedia-Plattformen zu verbreiten. TV, Print, Online und Mobile. Sie alle existieren, um Geschichten und Inhalte zu fördern, die die Marke Red Bull im Wert stärken: voller Energie und mit viel Spaß.

Der Heimvorteil

In seinem berühmten Ted-Talk „Start with why“ erklärt Simon Sinek, dass wir starken Marken deshalb überproportional häufig vertrauen, weil sie sind, was sie sind. Und weil wir genau wissen, warum wir sie auswählen.

Einige Unternehmen bauen ihren Markenwert auf, indem sie sich mit einer Dachmarke zusammen tun. So profitieren Silicon Valley-Companies zum Beispiel eben genau davon, dass man sie mit dem Konzept “Silicon Valley” assoziiert – sie gelten damit automatisch als  fortschrittlich und zukunftsorientiert. Im Fall von digitalen Start-ups in Deutschland stellt sich die Frage, inwiefern die Marke „Made in Germany“ – hier werden insbesondere Werte wie Genauigkeit und Haltbarkeit transportiert – sich positiv auf den eigenen Markenwert auswirken kann.

Kann der Markenwert gemessen werden?

Der wirkliche Wert einer Marke lässt sich bekanntermaßen schwer in Zahlen ausdrücken. Und dennoch: Immer mehr Unternehmen berücksichtigen die Marke als elementaren Teil ihrer Unternehmensbilanz und erkennen somit verstärkt ihre wirtschaftliche Bedeutung an. 

Dabei ist klar: Der einzige Weg, um zuverlässig den wirklichen Marktwert einer Marke zu ermitteln, ist ihr Verkauf. Doch gibt es in den vergangenen Jahren immer mehr Versuche, die Markenwahrnehmung mittels diversen Online-Tools zu messen. So bietet beispielsweise thebrandticker.com ein solches Tool an, dass die Semantik der Print-, Online- und Social-Media-Berichterstattung über eine Marke analysiert und die Ergebnisse in den Kontext des Geschäftsziels stellt: Die Wertschöpfung.

Die Bedeutung von Geschichten

Natürlich gibt es immer wieder Beispiele für Marken, die ausschließlich über Marketing-Kommunikationsstrategien aufgebaut und am Leben gehalten werden. Die Frage ist jedoch: Wie loyal sind Kunden zu diesen Marken wirklich?

Geschichten sind von entscheidender Bedeutung, um die Kundenbindung zu fördern und eine Loyalität zur Marke aufzubauen. Bestes Beispiel hierfür ist die Geschichte von Apple. Denn was kommt einem in den Sinn, wenn wir über Apple sprechen? Sprechen wir über ihre Werbung oder die kraftvollen Auftritte von Steve Jobs, bei denen er neue Innovationen auf der Bühne verkündet? Sprechen wir über einen Marketing-Slogan oder die Warteschlangen vor den Apple-Stores und die Menschen, die über Nacht am Times Square kampieren, nur um als erstes das neue iPhone zu bekommen?

Auch Uber ist ein gutes Beispiel: Auch ohne große Marketing- oder Werbekampagnen wissen wir alle, was Uber ist und für was die Marke steht. Ubers Marktwert ist nicht deshalb so groß, weil das Unternehmen so schnell an Bekanntheit gewonnen hat, sondern weil Investoren glauben, dass Uber mit ihrem disruptiven Taxi-Modell den Prototyp für ein zukünftiges, fahrerloses Auto entwickelt, dass dieses Business sich eines Tages auszahlen und Uber der Industriestandard für fahrerlose Mobilität wird. All diese Hoffnungen und Zukunftsvisionen verbinden sich in nur einem einzigen Wort: Uber. Eine Marke ist ein Satz komprimierter Kommunikation. Starke Marken stehen für starke Geschichten.

Fokus intern, nicht nur extern

Erfolgreiche Marken sind in diesen Tagen auch deshalb so erfolgreich, weil sie sich nicht nur extern auf den Aufbau und das Management ihres eigenen Markenwerts konzentrieren, sondern auch intern. Anstatt die Marke nur zu verwalten, sollten Unternehmer ihre Organisation führen – mit der Marke voran. Die Marke sollte einer ansonsten sehr komplexen Unternehmensstrategie Leben einhauchen. Unternehmen, die die Prinzipien der Selbstorganisation predigen, müssen ihren Mitarbeitern zwar einen klaren Bewegungsradius vorgeben; innerhalb dieser Grenzen müssen diese sich aber möglichst frei bewegen und entsprechend handeln können. Starke Marken bieten genau diese klaren Grenzen. Sie übermitteln ein „Wir“-Gefühl – nicht nur extern, sondern auch intern.

Erfolgreiche Marken verankern ihre Markenidentität so tief in die Mitarbeiterkultur, dass auch in Zeiten schwachen Managements das Unternehmen weiter operiert und gut funktioniert.

Dass dieses Prinzip Sinn macht, zeigt sich am Beispiel Kommunikation: In einer Zeit, in der Kommunikation weit verbreitet über Multimedia-Plattformen stattfindet, ist es nicht mehr möglich, das Markenimage so zu kontrollieren, wie Unternehmen es ursprünglich gewohnt sind. Starke Marken werden in Zukunft grundlegende Strukturen wie beispielsweise eine klare Social-Media-Politik implementieren und die Mitarbeiter diesbezüglich schulen und sensibilisieren müssen. Nur so sind sie letztlich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Diese klaren Grenzen sorgen dafür, dass die Mitarbeiter effektiv und auf eigene Initiative handeln können.

In Krisenzeiten 

Negative Nachrichten und Skandale bleiben früher oder später wohl bei keinem Unternehmen aus. Ist eine Marke (und ihr Wert) jedoch stark genug, halten Kunden ihr die Treue.

Das zeigt nicht zuletzt auch das aktuelle Beispiel des Uber-CEO Travis Kalanick, der zu Beginn des Monats dabei gefilmt wurde, wie er einen seiner Fahrer wutentbrannt angiftete. Doch welche Wirkung hat dieser Skandal auf die Marke Uber? Wenn die Marke stark genug ist, wird das falsche Verhalten des Uber-CEOs von den Nutzern schlicht als kleiner Teil des Narrativs der Marke abgetan. Kalanick nahm sofort Stellung zu dem Video, das unmittelbar viral ging und sagte: “Dies ist das erste Mal, dass ich bereit bin zuzugeben, dass ich Hilfe bei der Führung des Unternehmens benötige und auch beabsichtige, diese in Anspruch zu nehmen.“ In Anbetracht von Kalanicks Bereitschaft an seiner Führung zu arbeiten, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Marke Uber von diesem Skandal unberührt bleibt und eventuell sogar stärker aus ihm hervorgehen kann.

Marken als Asse im Ärmele

Viele Unternehmen beginnen erst allmählich die Vorteile eines starken Markenwertes für dich zu entdecken. Dabei steht fest: Der Wert einer Marke ist enorm wichtig, weil mit ihm eine größere Kundenbindung und steigender Unternehmenswert einhergeht. Egal ob junges oder altes Unternehmen – wer diesen Aspekt ignoriert, tut das auf eigenes Risiko.

Erfahren Sie mehr über Kommunikation und Markenführung von Professor Müller-Beyeler in seinem Buch „Das Unternehmen, die Marke und ich“ (Co-Autor ist Heiner Butz). Zu kaufen ist das Buch hier.

Foto: copyright apple inc.

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Als junger Master of Science ETH machte er eine Führungskarriere in der Industrie. Dann wechselte er in die Marken- und Kommunikationsbranche und wurde Unternehmer. Heute lehrt und forscht er zusätzlich an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur und an der Berner Fachhochschule BFH. …

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