Drei Dinge, die Marken aus den größten Social-Media-Fails lernen können

Der Einsatz sozialer Medien ermöglicht Unternehmen einen direkten Kontakt mit ihrer Zielgruppe. Doch der Grat zwischen positivem Engagement und Shitstorm ist schmal – denn wenn Kommunikatoren den falschen Ton anschlagen oder kontroverse Inhalte posten, kann die schönste Absicht schnell im Chaos enden. Wir schauen uns drei besonders gravierende Social-Media-Fails des Jahres 2019 an und erläutern, was Unternehmen daraus lernen können. 

Fail #1: Die deutsche Bahn stichelt gegen Greta Thunberg 

In der Vorweihnachtszeit reiste Greta Thunberg mit dem ICE von Zürich nach Kiel. Weil ihr Zug ausfiel, musste die Klimaaktivistin – wie viele andere Reisende – in einem vollen Ersatzzug auf dem Boden sitzen. Von dieser Fahrt twitterte sie ein Foto, das, wie sie später klarstellte, als schlichtes Lebenszeichen von der langen Reise und nicht als Kritik an der Deutschen Bahn zu werten war. Das Unternehmen allerdings sah sich in die Defensive gedrängt und stellte sich gleich in mehrfacher Hinsicht selbst ein Bein, als sie den Tweet der jungen Schwedin beantwortete. Anstatt angemessen zu reagieren und Greta als prominente Markenbotschafterin zu wertschätzen, mahnte das Social-Media-Team: Es wäre doch schön gewesen, wenn Greta auch erwähnt hätte, wie gut man sie später in der ersten Klasse betreut habe.

Drei Dinge, die Marken aus den größten Social-Media-Fails lernen können

SevenVentures meint: Das Kommunikationsteam müsste so viel Selbstreflexion haben, zu realisieren, dass es nie einen guten Eindruck hinterlässt, im Nachhinein um Lob für etwas zu bitten. Dass Greta für einen Teil der Strecke auf dem Boden sitzen musste, ist Fakt. Die Antwort „Danke, dass du mit uns gefahren bist – wir arbeiten daran, in Zukunft klimafreundliches Reisen noch reibungsloser zu ermöglichen“ wäre angemessener gewesen. 

Das Learning: Bescheidenheit, Kenntnis der eigenen Außenwirkung und Fähigkeit zur Selbstreflexion sind notwendig, wenn man als Marke in den sozialen Medien punkten möchte. Einsicht und eine Portion Selbstironie gehen vor Kleinlichkeit – gerade bei Twitter.

Fail #2:  Der US-Sender Hallmark entschuldigt sich ungeschickt für diskriminierende Entscheidung

Man sollte meinen, dass gleichgeschlechtliche Liebe im Jahr 2019 kein mediales Tabu mehr sei. Doch weit gefehlt: Als der US-amerikanische TV-Sender Hallmark im Dezember 2019 Werbespots eines Hochzeitsunternehmens zeigte, in denen sich ein lesbisches Paar das Jawort gibt, erregte dies den Unmut einer homophoben Organisation. Der TV-Sender beugte sich daraufhin dem Druck von außen und nahm die Spots unverzüglich aus dem Programm. Verständlicherweise kam das in der LGBT-Community und auch darüber hinaus alles andere als gut an. Der Sender realisierte seinen Fehler und veröffentlichte eine –nicht bedacht formulierte – Entschuldigung: „Wir entschuldigen uns für die Verletzungen, die diese Entscheidung unabsichtlich verursacht hat.“

Background Video der Washington Post

SevenVentures meint: Als Unternehmen muss man sich darüber bewusst sein, dass eine politische Entscheidung einige Teile der Gesellschaft vor den Kopf stoßen wird, und daraus eine klare Haltung ableiten. Ist man sich hierüber nicht im Klaren, ist dies entweder ignorant oder unüberlegt. 

Das Learning: Fehlentscheidungen passieren – im Falle von Hallmark hätte das Unternehmen allerdings besser daran getan, diese einzugestehen und sich dafür zu entschuldigen. Zudem sollte man nicht noch das Augenmerk darauf lenken, dass man die Entscheidung aus bloßer Unüberlegtheit heraus getroffen hat.

Fail #3: Die CDU versucht sich auf YouTube

Das Video „Die Zerstörung der CDU“ von Rezo war DER deutsche Social-Media-Aufreger des Jahres 2019. Knapp eine Stunde lang rechnete der YouTuber in seinem millionenfach geklickten Video mit diversen Positionen der Volkspartei zu Themen von Klimawandel bis Steuerpolitik ab. Das Video wirbelte die politische Landschaft gehörig durcheinander und erhitzte die Gemüter der CDU-Parteimitglieder. Doch während in den sozialen Netzwerken eine wahre Kommentarflut über die Partei hereinbrach blieb diese selbst stumm. Zwar kündigte die Partei ein Antwortvideo mit dem jüngsten CDU-Abgeordneten Philipp Amthor an. Nach einer Woche – dieser Zeitraum gleicht im digitalen Zeitalter einer halben Ewigkeit – entschied man sich aber dazu, das Video doch nicht zu veröffentlichen. Stattdessen bat Generalsekretär Paul Ziemiak Rezo via Twitter zum Gespräch.

Die Zerstörung der CDU

SevenVentures meint: Dass parteiliche Inhalte angegriffen werden und Kritik sich viral verbreitet, ist nichts Neues. Wer heutzutage eine derart lange Reaktionszeit benötigt, um Cyber-Attacken etwas entgegenzuhalten, und dann auch noch eine Kehrtwende in der eigenen Strategie vollbringt, offenbart eine Überforderung mit digitalen Kommunikationsregeln. 


Das Learning: Krisenkommunikation ist eine Kernkompetenz von PR. Jedes Kommunikationsteam sollte Wordings für heikle Situationen frühzeitig vorbereiten und bei Bedarf auch anwenden. Für Unternehmen wie Parteien gilt also: Konkret antizipieren, aus welcher Richtung Schaden drohen könnte – und dann drauf vorbereiten, bevor man angesichts eines akuten Desasters in Schockstarre verfällt.

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