Sind Marken-Rivalitäten ein effektives Marketinginstrument?

Coke vs. Pepsi, Samsung vs. Apple, McDonalds vs. Burger King – die Geschichte des Marketings ist voll von legendären Marken-Rivalitäten. Aktiv und klug ausführt, können dabei letztlich beide Kontrahenten von einem öffentlichen Duell profitieren. Wir schauen uns anhand berühmter Beispiele an, warum Marken den offenen Schlagabtausch mit ihren Rivalen suchen anstatt meiden sollten und was es dabei zu beachten gilt. 

Ansporn zu Innovationen und kreativen Maßnahmen

„Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.“ – dieses berühmte Filmzitat von Al Pacino als Don Michael Corleone in Der Pate 2 lässt sich hervorragend auf das Marketing übertragen. In erster Linie hilft der ständige und genaue Blick auf die Konkurrenz dabei, sich als Marke nicht auf vergangenen Erfolgen auszuruhen, sondern immer wieder mit neuen Ideen, um die Gunst der Kundschaft zu kämpfen. Keine Rivalität hat das über die Jahre wohl so eindrücklich gezeigt wie diejenige zwischen den Getränkemarken Coca-Cola und Pepsi-Cola. Heute allgemein als “Cola-Krieg” bekannt, begann das Duell der beiden Marken bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, als Coke bereits auf dem Markt etabliert und von Pepsi als Newcomer herausgefordert wurde. 

Die Rivalität zwang beide Marken schon früh, auf innovative und neue Marketing-Maßnahmen und Strategien zu setzen. So kam es, dass Coke bereits im Jahr 1900 mit der Schauspielerin Hilda Clark das erste prominente Testimonial für seine Werbung einsetzte und als frühe Form der praktischen Produktwerbung auf Blechtabletts abbildete. Mit diesen und weiteren Kooperationen u. a. mit bekannten Baseball-Spielern sah es zunächst nach einem einfachen Sieg für Coke aus, vor allem als das Unternehmen in den nächsten Jahrzehnten international expandierte und die Zuckerrationierung des Ersten Weltkriegs Pepsi 1923 in den Konkurs trieb. In den 1930er-Jahren kam Pepsi jedoch mit einem neuen Fokus auf Wert und Erschwinglichkeit zurück und überzeugte viele Kund:innen mit einem besonders günstigen Preis von nur fünf Cent pro Flasche.  

Der nun immer stärker werdende Wettkampf spornte beide Marken in den folgenden Jahrzehnten zu neuen Ideen und kreativen Maßnahmen an. So kreierte Pepsi 1939 mit dem Song „Pepsi-Cola Hits the Spot“ den ersten Werbejingle überhaupt, von dem mehr als eine Million Kopien in Jukeboxen in den gesamten USA platziert wurden. In den 1950er-Jahren gehörten beide Marken mit zu den ersten, die sich das Fernsehen als neues Massenmedium für kreative TV-Spots zunutze machten. Ein Jahrzehnt später und wieder parallel erweiterten sowohl Coke als auch Pepsi in den 1960er-Jahren ihr jeweiliges Produktportfolio, sodass Coke u. a. Sprite 1961 als Spin-off-Produkt einführte und Pepsi seinen gesundheitsbewussten Kund:innen mit Diet Pepsi eine zuckerfreie Option anbot. Die wechselseitigen Inspirationen und das ewig rivalisierende Verhältnis haben letztlich dazu geführt, dass beide Unternehmen heute zu den bekanntesten und erfolgreichsten Marken überhaupt zählen. 

Abgrenzung zu Rivalen schafft ein differenzierteres Markenprofil

Neben der Motivation zu neuen Maßnahmen kann eine gesunde Marken-Rivalität auch dabei helfen, sich durch den direkten Vergleich inhaltlich von der Konkurrenz abzusetzen und klarer zu positionieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Marketing-Strategie von Samsung im Hinblick auf den größten Konkurrenten des Unternehmens im Smartphone-Segment: Apple. Als sich Samsung im Jahr 2011 eine Strategie für den noch jungen Smartphone-Markt überlegen musste, stellte die Marketing-Abteilung durch Fokusgruppen und Umfragen schnell fest, dass es eine wachsende Kluft in der Kundschaft zwischen zwei Lagern gab: diejenigen, die Apples iPhones nutzten, und diejenigen, die Smartphones von HTC, Samsung und Nokia verwendeten, auf denen Googles schnell wachsendes Open-Source-Betriebssystem Android lief. Das Ziel war somit schnell definiert: Samsung wollte die führende Marke des Android-Lagers werden und sich vor allem im Kontrast zu Apple definieren. 

Apple profitierte damals vom Kult um Steve Jobs, hatte eine leidenschaftliche Fangemeinde und eine überschwängliche Medienberichterstattung. Den Marketing-Experten von Samsung gelang es jedoch, gerade diesen Hype für sich zu nutzen, indem sie ihn als übertrieben und fragwürdig darstellten und Samsungs Smartphones hingegen als praktische und intelligentere Option präsentierten. So auch in dem Werbespot “The Next Big Thing”: Obwohl keine Namen genannt werden, ist die kultige Anhängerschaft, die in der Schlange steht, um das neueste Apple-Gerät zu ergattern, unverkennbar. Samsungs Smartphones stehen hingegen für den unprätentiösen Fokus des Unternehmens auf echten Mehrwert. 

Samsung Werbespot
Quelle: Youtube

Publicity und Unterhaltung durch einen freundlichen Schlagabtausch

Während der Zweikampf zwischen Samsung und Apple zwar ein gutes Beispiel für die kontrastierende Markenprofilierung darstellt, haben mehrere Klagen und Gerichtsverfahren über Patente zu einem eher negativ konnotierten Verhältnis der beiden Top-Marken geführt. Dass es auch anders geht, zeigt hingegen die Rivalität zwischen den Fastfood-Ketten McDonald’s und Burger King. Während beide Marken schon seit den 1970er-Jahren in direkter Konkurrenz zueinanderstehen, ist ihr öffentlicher Schlagabtausch vor allem in den letzten Jahren immer häufiger von augenzwinkerndem Humor geprägt. 

Eines der jüngsten Beispiele hierfür findet sich in Belgien. Dort entschied sich McDonald’s im Jahr 2019 dafür, eine große Plakatwand direkt neben einem neuen Burger King-Restaurant aufzustellen mit der Frage „Served by a king, or served as a king?“. Burger King reagierte wiederum schnell mit einem riesigen Schild an seinem Restaurantfenster, das sich mit der Aufschrift „Why try to roast when you can’t even flame grill?” frech über die Kochmethode des Rivalen lustig macht. Ein weiterer humorvoller Zusammenstoß hatte sich bereits 2016 in Frankreich ereignet. McDonald’s stellte richtungsweisende Plakate auf, um seine breite Präsenz im Land zu zeigen, und vergaß dabei nicht, seinen Rivalen zu verspotten: Eine hohe Plakatwand wurde direkt neben der eigenen Beschilderung aufgestellt und gab den Weg zum nächsten Burger King an, der etwa 258 km entfernt war. Als Antwort veröffentlichte Burger King nur kurze Zeit später einen Werbespot, in dem ein Paar bei McDonald’s einen großen Kaffee bestellt, um ihn mit auf die lange Fahrt zu Burger King zu nehmen. 

Fazit: Marken-Rivalität muss nicht immer Feindschaft bedeuten. Denn aggressives Marketing kann nicht nur bei den Konkurrenten, sondern auch in der Öffentlichkeit einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Kreative und humorvolle Seitenhiebe können hingegen Aufmerksamkeit in den Medien und bei der Kundschaft generieren und beide Marken letztlich in ein positives Licht rücken. 

Sind Marken-Rivalitäten ein effektives Marketinginstrument?
Quelle: trendhunterstatic

Deutsche Brands übernehmen die amerikanische Marketing-Streitkultur

Während die bisher genannten Marken aus den USA bereits jahrzehntelang ihre Duelle öffentlichkeitswirksam austragen, wird diese Strategie erst seit kurzem auch von deutschen Unternehmen wahrgenommen. Das liegt zum einen daran, dass in Deutschland jegliche Werbung, die das Angebot eines Kontrahenten erkennbar macht, erst seit der Jahrtausendwende erlaubt ist. Zum anderen bietet die digitale Welt nun zahlreiche neue Möglichkeiten für deutsche Marken, um rivalisierendes Content-Marketing kreativ umzusetzen. So zum Beispiel der Autohersteller Sixt mit seinen inszenierten Social-Media-Battles im Sommer 2017. Auf Facebook und Twitter interpretierte Sixt bekannte Werbesprüche von Marken wie Schwarzkopf, Ritter Sport und Nestlé (After Eight) neu, um diese so zu einer Reaktion zu bringen und gleichzeitig das eigene Produkt zu promoten. Und tatsächlich: Auf die Frage “Hey @RITTER_SPORT_DE, wer braucht schon Schokolade im Quadrat, wenn er sportliche 300 PS haben kann?” twitterte Ritter Sport schlagfertig zurück: “Wer braucht schon 300 PS, wenn er auch mit Schoki auf Touren kommt?” 

Den größten und medienwirksamsten deutschen “Marken-Krieg” führen jedoch seit zwei Jahren Lidl und Edeka. Nachdem sich beide Lebensmittelhändler bei den Retail Awards 2017 den Titel für die beste Obst- und Gemüseabteilung teilen mussten, entstand in der Folge ein humorvolles Duell mit regelmäßigen Sticheleien und Provokationen. Die aufwendigste Aktion stellt hierbei der Spot „Li Dl-Land“ dar, mit dem Lidl den Musical-Film „La La Land“ parodiert und als Protagonistin die Enkelin des Edeka-Gründers einsetzt, die darum kämpft bei Lidl arbeiten zu dürfen. Darüber hinaus hat Lidl mit den „Supergünstig“-Clips inzwischen sogar eine ganze Kampagne basierend auf der Edeka „Supergeil“-Kampagne gestartet.  

All diese Beispiele zeigen das große Potential, das eine bewusste und spielerische Auseinandersetzung mit konkurrierenden Marken bereithält. Egal in welcher Branche: Das übergreifende Motiv der Rivalität bietet letztlich immer hervorragenden Stoff für gutes Storytelling – und wer seine Aktionen ironisch-provokativ hält, ohne dabei ins Beleidigende abzudriften, sorgt auf allen Seiten für Unterhaltung und für positive Aufmerksamkeit.

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Hier schreibt die Redaktion des Restless CMO. Wir sind ein Team aus leidenschaftlichen Medien-Expert:innen und haben uns zur Aufgabe gemacht, Marketingentscheider:innen, CMOs, Founder:innen und alle Marketing-Macher bestmöglich über die neuesten Entwicklungen, Trends, Storys aus der Marketing-Branche zu informieren. Dabei ist es uns sehr wichtig einen …

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