Seit 20 Jahren werden die Best Brands Awards vergeben. Die Entscheidung über die Gewinner trifft dabei keine Jury, sondern es sind die Konsumenten selbst, die die Preisträger bestimmen.
Das Ranking der erfolgreichsten Marken setzt sich dabei aus zwei Komponenten zusammen: Dem tatsächlichen kommerziellen Erfolg auf der einen und der emotionalen Attraktivität auf der anderen Seite.
Diese Daten werden von GfK in einer breit angelegten, repräsentativen Studie erhoben.
Anlässlich des 20jährigen Jubiläums haben sich Petra Süptitz und Mathias Friedrichs von GfK damit beschäftigt, was man aus 20 Jahren Best Brands Daten lernen kann. Welche Faktoren sind essenziell für erfolgreiche Marken, in welcher Vertrauenskrise stecken die Marken aktuell und wie wichtig sind die einzelnen Komponenten in der Zusammensetzung einer Love Brand?
Was sind denn die wesentlichen Aspekte, die den Erfolg von Marken bestimmen?
PETRA: Mithilfe statistischer Analysen haben wir berechnet, welche Faktoren am stärksten mit dem Erfolg bei Best Brands zusammenhängen. Die Liste wird ganz klar angeführt von den beiden Aspekten „Es ist eine Marke, die ich liebe“ und „Es ist eine Marke, der ich vertraue“.
MATHIAS: Diese beiden Faktoren – Liebe und Vertrauen – sind also die absoluten Grundbedingungen für erfolgreiche Marken. Und das Spannende: diese beiden Themen hängen ganz eng miteinander zusammen. Eine Marke, die man liebt, ist eine Marke, der man vertraut und umgekehrt.
Wenn man das so hört, klingt das ja erstmal ganz einfach…
MATHIAS: Ist es aber leider nicht. Marken stecken momentan in einer deutlichen Vertrauenskrise. Momentan vertrauen nur 30% der Deutschen darauf, dass Unternehmen die Wahrheit sagen. Damit spielen sie fast in der Liga von religiösen Organisationen, denen nur 19% vertrauen. Karitative Organisationen oder NGOs zeigen dagegen Werte rund um 50%. Unternehmen & Marken sind also gefordert hier das Vertrauen wieder aufzubauen.
Und was sind Ihre Empfehlungen? Wie kann man Vertrauen aufbauen, und damit zu einer Lovebrand werden?
PETRA: Neben Ehrlichkeit und Authentizität ist hier ein wichtiger Treiber das Thema Qualität. Marken müssen eine gleichbleibend hohe Qualität liefern. Und damit meine ich nicht nur eine objektiv messbare Qualität wie beispielsweise hochwertige Inhaltsstoffe oder eine lange Lebensdauer bei technischen Geräten. Es geht vor allem auch um die subjektive Qualität; also darum, ob das Produkt zu den Menschen und ihren Werten passt. Wenn Menschen in ihrem Leben bestimmte Werte wichtig sind, haben für sie Marken, die auch diese Werte vertreten, eine höhere subjektive Qualität.
MATHIAS: Ein wichtiger Erfolgsfaktor für Marken ist es also, sich in ihrer Positionierung klar an den wichtigsten Werten ihrer Zielgruppe zu orientieren – und dies, ohne sich zu verbiegen. Wie gesagt, Authentizität ist elementar. Alles andere wird von den Konsumenten als Anbiederung empfunden oder sogar in die Richtung von Green-, Woke- oder Pink-Washing gerückt. Marken müssen also nicht nur verstehen, welche Werte ihrer Zielgruppe wichtig sind, sondern auch, wie sie diese Werte für sich umsetzen können.
Gibt es in Ihren Augen Marken, die alles richtig machen?
PETRA: Da können wir wieder einen Blick in die Best Brands Preisverleihung werfen. Zum 20jährigen Jubiläum wurde dieses Jahr auch ein Preis für die Marken verliehen, die in den letzten beiden Jahrzehnten kontinuierlich zu den besten Marken gehört haben.
Preisträger waren hier unter anderem die Marken Lego & Nivea. Beides Marken, die sich immer wieder neu erfinden, in dem sie den aktuellen Zeitgeist verstehen und in ihre Marken-Identität authentisch integrieren.
Nivea stand schon immer für Werte wie Familie und Nähe. Die Art von Familie, für die NIVEA heute steht ist aber eine ganz andere als noch vor einigen Jahren. Klassische Geschlechterrollen werden hier hinterfragt und gebrochen. Es muss nicht immer Vater, Mutter, Kind sein.
Und Lego ist eine Marke, die ihre Zielgruppe immer weiter entlang der sich verändernden Wertevorstellungen der Menschen angepasst hat. Vom simplen Baustein für Kinder, hat sich die Marke deutlich in Richtung von Premium Design- und Deko-Objekten für Erwachsene entwickelt.
Ihre Beispiele zeigen, dass Werte im Wandel sind und erfolgreiche Marken mit diesem Wandel mitgehen. Was raten Sie Marken für die Zukunft? Auf welche Themenfelder sollten Sie künftig setzen? Wagen Sie einen Blick in die Glaskugel?
MATHIAS: Dazu brauchen wir zum Glück keine Glaskugel; stattdessen können wir bei GfK auf sehr lange Zeitreihen an Daten zurückgreifen und hinsichtlich der wichtigsten Trends analysieren. Mit Trends meine ich dabei aber nicht irgendwelche Themen die momentan gerade ‚in‘ sind, also Einhörner, Marvel-Filme oder Bubble-Tea. Trends sind für uns langfristige Entwicklungen, die die Werte und das Verhalten der Menschen nachhaltig beeinflussen. Basierend auf unseren Daten unterscheiden wir dabei zwischen neun großen Trends. Der wichtigste ist dabei weiterhin Eco-Conscience. Es gibt keinen anderen Trend, der momentan in Deutschland so viele Menschen beeinflusst.
Für viele Unternehmen ist das aber ein alter Hut. Über Sustainability wird ja seit Jahren diskutiert…
MATHIAS: Dass wir schon lange darüber reden, bedeutet ja nicht, dass das Thema verschwindet. Ganz im Gegenteil. Für sehr viele Menschen ist Nachhaltigkeit eine absolute Grundbedingung geworden: Wenn ein Produkt nicht nachhaltig hergestellt ist, kaufe ich es nicht – so einfach ist das.
PETRA: Spannend ist aber, dass sich das Thema immer mehr ausdifferenziert. Bisher stand vor allem die „ökologische Nachhaltigkeit“ im Vordergrund; Produkte sollen also nicht die Umwelt schädigen oder zum Klimawandel beitragen. Aktuell rückt daneben aber immer mehr die „soziale Nachhaltigkeit“ in den Vordergrund; dabei geht es um Produktionsbedingungen, faire Gehälter, Geschlechtergerechtigkeit, und so weiter. Das sind Aspekte, die für immer mehr Menschen eine Rolle in ihrer Kaufentscheidung spielen. In den Best Brands Daten sehen wir sogar, dass diese sozialen Faktoren inzwischen einen stärkeren Einfluss auf den Erfolg einer Marke haben als ausschließlich ökologische Kriterien.
Gibt es denn neben der Nachhaltigkeit, weitere Trends auf die Marken künftig setzen sollten?
PETRA: Den Trend, der in Deutschland momentan am stärksten wächst, nennen wir „All about me“. Hier geht es darum, dass Menschen nicht zwingend den Erwartungen anderer entsprechen wollen, die diese aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Altersgruppe, eines Geschlechts oder eines Kulturkreises an sie haben. Stattdessen wollen sie ihre Individualität zeigen und akzeptiert werden so wie sie sind. Dieses Streben nach persönlicher Freiheit beeinflusst auch die Kaufentscheidungen der Menschen. Das heißt, Marken sollten Menschen ermutigen sich selbst auszudrücken.
MATHIAS: Man muss aber auch sagen, dass es zugleich einen sehr stark wachsenden Trend zur Gemeinschaft gibt, den wir „Belonging“ nennen. In der Corona-Pandemie mit Lockdowns und Homeoffice, haben die Menschen unmittelbar erfahren, wie wichtig es ist, mit anderen Menschen zusammen zu sein. Sie haben sich auch stärker als Teil einer Gruppe betrachtet, die ein gemeinsames Schicksal teilt und sich zu Initiativen wie „support your locals“ zusammengeschlossen.
Individualität und Gemeinschaft bilden also sozusagen die Extrem-Pole in unserer Gesellschaft?
PETRA: Nicht unbedingt. Am Ende sind das zwei Seiten einer Medaille. Die Hälfte der Millenials wird von beiden Trends gleichermaßen beeinflusst. Ihnen ist sowohl Individualität als auch soziale Verantwortung wichtig. Es geht also nicht um ein solitäres ‚Ich‘, sondern um ein ‚Ich‘ als Teil einer Gemeinschaft von einzigartigen Individuen, die alle ein Recht haben, sie selbst zu sein. Das schlägt sich auch in neuen Formen des Zusammenseins nieder: co-working oder co-living sind hier interessante Beispiele, die Marken auch aktiv unterstützen können.
Petra Süptitz, Director Marketing & Consumer Intelligence, GfK
Petra Süptitz hat seit der Entstehung von Best Brands breite Erfahrung im strategischen FMCG-Marketing sowie in der Markenführung und Kommunikationsentwicklung gesammelt. Sie hat sich schon immer für gesellschaftliche Entwicklungen interessiert und berät seit 2017 bei GfK Unternehmen zu Verbrauchertrends, gesellschaftlichen Veränderungen und Konsumentenverhalten. Ihren Fokus als Director Marketing & Consumer Intelligence legt sie auf die Beratung von führenden Unternehmen unter anderem aus den Bereichen FMCG, Einzelhandel, Technologie, Medien und Automobil. Außerdem ist sie ein geschätzter Gast in Funk und Fernsehen.
Mathias Friedrichs, Senior Director Marketing & Consumer Intelligence, GfK
Als die Best Brands Awards erstmalig verliehen wurden, studierte Mathias Friedrichs Psychologie und Medienwissenschaften. Nach einer akademischen Laufbahn führte er seine Karriere bei GfK fort. Hier übernahm er verschiedene Positionen in Kundenberatung & Management. Seit 2018 ist er als Senior Director Marketing & Consumer Intelligence für die DACH-Region zuständig. Zusammen mit seinem Team berät er Hersteller und Händler mittels syndizierter und kundenindividueller Daten bei allen Fragestellungen rund um Marken- und Kundenzentrierung.