Kampagnen zum Vatertag: Die Evolution des Dad-vertising

Die Werbung für den Vatertag sich seit den 1950er Jahren stark verändert. Die Darstellung der traditionell kalten, distanzierten und emotionslosen Väter ist Geschichte. Heute sieht man Männer, die sich mehr Zeit für die Elternschaft nehmen wollen − bekannt als „Dad-vertising“. In diesem Artikel wollen wir einen Blick darauf werfen, wie sich die Vatertags-Werbung in den vergangenen Jahren entwickelt hat. 

Ab 2014: Väter melden sich zu Wort 

Traditionell standen in der Werbung zum Vatertag Männer im Mittelpunkt, die zufällig und nebenbei Kinder hatten. Sie arbeiteten, kamen nach Hause, genossen ein köstliches Abendessen oder feine Delikatessen. Als immer mehr Frauen in die Arbeitswelt eintraten, entwickelte sich die Darstellung der Väter zu „Mr. Mom“, dem hart arbeitenden Hausmann, der immer außer Rand und Band ist − oder zu „Papa, der Held“, dem die einfachste Hausarbeit im Nu gelingt. 

Vor etwa acht Jahren begannen die Väter, sich zu Wort zu melden. 2014 ergab eine Studie von Dove Men+Care, dass drei Viertel aller Väter sagten, sie seien für das emotionale Wohlergehen ihres Kindes verantwortlich. Jedoch nur 20 Prozent sahen diese Rolle auch in den Medien vertreten. 2017 fand eine Studie von Disney heraus, dass die Darstellung von Vätern in den Medien häufig veraltet ist und den wichtigsten Wünschen moderner Väter nicht gerecht wird. Der Markt hatte es satt, dass Väter als „unglückliche Witzfiguren dargestellt werden, die überarbeitet oder abwesend sind“. Vielmehr werden Väter den Untersuchungen zufolge von vier zentralen Bestrebungen angetrieben: eine enge Bindung zu ihren Kindern aufzubauen, sie zu beschützen und auszustatten und nicht zuletzt sie zu unterhalten. 

Unabhängig von Alter, Nationalität, Ort, Bildungsniveau oder Wohlstand waren diese vier Faktoren die Konstanten, die sich bei allen befragten Vätern in den EMEA-Märkten zeigten. 

Der neue Vater wird lebendig 

Nirgendwo wird die Darstellung der Vaterrolle offensichtlicher als in der Vatertags-Werbung, und kein Unternehmen ist dabei so aktiv wie Dove Men+Care

Als Reaktion auf seine Studie von 2014 über das Porträt von Vätern in der Werbung startete das Unternehmen die Bewegtbildkampagne Calls for Dad #Realdadmoments. Zum ersten Mal zeigte eine Werbekampagne, wie Väter die Rolle des Versorgers im Haushalt übernehmen: Sie stehen nachts auf, helfen ihrem Kind auf die Toilette oder beim Anziehen. Sie unterschied sich deutlich von der Kampagne des Vorjahres, die einen Vater und seinen Sohn bei einer eher traditionellen gemeinsamen Aktivität zeigte − dem Bau eines Gokarts.  

Im Jahr 2017 entschied sich Gillette, dieses Thema zu erweitern. Ihre Vatertags-Werbung konzentrierte sich darauf, eine perfekte Vater-Sohn-Beziehung zu zelebrieren. Erst traten Väter als Lehrer ihrer Söhne auf, später kümmerte sich ein erwachsener Sohn um seinen pflegebedürftigen Vater. So tauschte Gilette die Rollen: Der Helfer wird zum Hilfesuchenden und umgekehrt.  

2019 gelang es Budweiser grandios, Gefühle und Geschichten aus dem wahren Leben zu erzählen. Der Bierkonzern feierte den Vatertag in diesem Jahr mit einem Spot über Stiefväter In dem Film überreichen drei Menschen ihren Stiefvätern Adoptionspapiere und bitten sie, ihre offiziellen Eltern zu werden. Ein absolut unvergleichlicher Werbespot, der zu Tränen rührt! 

Was wir daraus lernen: Emotionale Bewegtbild-Werbung passt genau zur Stimmung des Vatertags! An diesem Tag geht es darum, Beziehungen zu feiern. Erfolgreiche Marken kombinieren daher starke (und oft reale) Geschichten mit berührender Musik und schaffen so den perfekten Spot. 

Der Humor hält Einzug 

Wie so oft hat diese Vorstellung von dem neuen Mann in seiner fürsorglichen Rolle in einigen Kampagnen humorvolle Gegenreaktionen hervorgebracht. So zeigt Samsung in seiner Vatertags-Kampagne 2019  einen Vater bei dem Versuch, Sport im Fernsehen zu schauen, während sein Baby oben schläft. Als er es weinen hört und nach oben geht, ist das kein Problem: Er schaut das Spiel auf seinem Samsung-Smartphone weiter, während er sich um sein Kind oben im Kinderzimmer kümmert. Genial! 

Ein absoluter Klassiker in der Welt der Vatertags-Werbung stammt vom Kondom-Hersteller Durex. Das Unternehmen nutzt den Vatertag regelmäßig dazu, all jene anzusprechen, die lieber keine Väter sein möchten, und zwar mit dem Slogan: „An alle, die die Produkte unserer Wettbewerber benutzen. Alles Gute zum Vatertag. Dieser Werbeklassiker ist deshalb so erfolgreich, weil er der Konkurrenz einen kleinen Seitenhieb versetzt und das Publikum zum Schmunzeln bringt. 

Vatertag Werbung Durex
Quelle: Pinterest

Was wir daraus lernen: Der neue Papa liebt nicht nur seine Kinder und hilft im Haushalt, er kann auch über sich selbst lachen

2019: Supermärkte in der Kritik für Vatertags-Klischees 

2019 war ein Jahr der Shitstorms in der Welt der Vatertags-Werbung. Aldi-Süd wurde im Netz mit Häme und Spott übersät, als ein Prospekt des Discounters ein Vatertags-Special anpries: einen Bollerwagen voller Bier, Schnaps und Ouzo. Die Reaktion der meist männlichen Kritiker war eindeutig: Das typische Bild eines betrunkenen Vaters, der am Vatertag mit seinen Freunden unterwegs ist, war ein No-Go. Ein User fragte: „Was für eine Gesellschaft soll das eigentlich darstellen? Verantwortungslose Väter, die sich mit billigen Spirituosen abfüllen und sturzbetrunken in der Gegend rumwackeln?“ Aldi Süd reagierte auf die Kritik, verteidigte aber seine Werbung. Das Prospekt zeige die Art und Weise, wie der Vatertag in Deutschland traditionell gefeiert wird. 

Vatertag Werbung ALDI
Quelle: Utopia

Im selben Jahr glitt Edeka in einen ähnlichen Faux-Pas. Eine eigentlich smarte Idee wurde zu einem wilden Diskussionspunkt: Zuerst zeigte die Supermarktkette in einer Muttertags-Kampagne Väter, die im Haushalt nutzlos sind. Die Werbung endete mit den Worten des Erzählers: „Danke Mama, dass du nicht Papa bist“. Es hagelte Beschwerden, Edeka spiele mit Stereotypen. Der Konzern handelte sich sogar eine Rüge des Deutschen Werberates ein. Das Unternehmen beschloss, zu der Idee zu stehen und wiederholte sie zum Vatertag − nur in umgekehrter Reihenfolge. Diesmal ging es um all die lästigen Dinge, die Mütter tun, wie Gesichter putzen und ihre Kinder zum Gemüseessen zwingen. „Danke Papa, dass du nicht Mama bist“, sagte der Erzähler am Ende. Diese Vatertags-Kampagne wurde positiver aufgenommen, als die zum Muttertag, auch wenn sie einige für einen Versuch hielten, bei den Kunden punkten.  

Was wir daraus lernen: Stereotypen und Klischees sollten beim Vatertag lieber vermieden oder mit einem hohen Maß an Sensibilität behandelt werden. 

Ab 2020: Dad On 

Als die Corona-Pandemie Familien zwang, zu Hause zu bleiben, schrieben viele Marken die Rolle der Väter wieder neu. Sie würdigten sie in der Situation, als Schulen und Kitas geschlossen waren. Herausragendes Beispiel war wieder einmal Dove Men+Care. 2020 ermutigte die Pflegeproduktreihe Väter mit ihrer Dad On-Bewegtbildkampagne, positiv zu bleiben und einfach weiterzumachen. 2021, im zweiten Jahr der Pandemie, konzentrierte sich ihre Kampagne darauf, dass Väter sich um ihr eigenes psychisches Wohlbefinden kümmern sollten. Untersuchungen hatten zuvor gezeigt, welche Gefahren die Pandemie für die psychische Gesundheit haben kann. Aus diesem Grund hat das Unternehmen ein Portal eingerichtet, das Vätern Hilfe und Tipps zu allen Themen von Meditation bis Vaterschaftsurlaub bietet. 

Was wir daraus lernen: Innovative und kreative Marken passen sich dem Zeitgeist an und handeln, indem sie ihrer Zielgruppe die dringend benötigte Unterstützung bieten. 

Zusammenfassung: 

Vatertags-Werbung oder Dad-vertising hat in den vergangenen zehn Jahren einen langen Weg zurückgelegt. Kampagnen zum Vatertag stellen Väter nicht mehr nur als Männer dar, die zufällig Kinder haben. Väter haben jetzt ein echtes Interesse am emotionalen Wohlbefinden ihrer Kinder. Sie tragen ihren Teil zur Hausarbeit und Kinderbetreuung bei und finden veraltete Stereotypen und Klischees inakzeptabel. Emotionen sind wichtig, und auch Humor kann erfolgreich sein. Schließlich war die Pandemie für uns alle hart − auch für Väter, und erfolgreiche Marken haben das erkannt. 

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