Harry & Meghans Interview: Was Marken daraus lernen können

Es wird als das “TV-Interview unserer Generation” bezeichnet – am 8. März 2021 trafen sich Herzogin Meghan und Prinz Harry mit Oprah Winfrey, um über ihren Austritt aus dem Königshaus und die damit zusammenhängenden Probleme zu sprechen. Weltweit schalteten über 49 Millionen Zuschauer allein bei der Erstausstrahlung ein – eine Reichweite, von denen Marketer nur träumen können. Wie haben es die Sussexes geschafft, ein solch großes Interesse zu erzeugen? Welche Learnings können Werbetreibende daraus ziehen? 

Stellung zu ernsten Themen beziehen

Meghan und Harry haben in ihrem Interview mit Oprah Winfrey vieles richtig gemacht. Womöglich am Wichtigsten: Sie haben mutig über sehr persönliche Themen gesprochen und dabei einen klaren Standpunkt eingenommen. In dem Interview berichteten sie von Rassismus-Erfahrungen und unfairer Behandlung durch die Medien und die königliche Familie. Meghan sprach über die damit verbundenen Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit und Harry offenbarte, wie die Situation seine familiären Beziehungen belastete. Wie die Einschaltquoten und die anschließende Berichterstattung zeigen, stießen diese Themen – insbesondere Rassismus und psychische Gesundheit – bei vielen auf großes Interesse.  

Auch Marken nutzen in letzter Zeit immer häufiger ihre eigene Reichweite, um ernste und wichtige Themen anzusprechen. Kampagnen von Ikea zu häuslicher GewaltGillette zu toxischer Männlichkeit und Nike zu Rassismus haben viel Aufmerksamkeit erzeugt und das Bewusstsein für diese Probleme in der Gesellschaft geschärft. Gerade weil sensible Themen angesprochen werden, haben diese Kampagnen polarisiert. Davor sollten Marken jedoch nicht zurückschrecken, wie auch das Interview von Harry und Meghan gezeigt hat. Prominente kritische Reaktionen wie die Donald Trumps oder des britischen TV-Moderators Piers Morgan, der infolgedessen sogar von seinem Posten zurücktrat, haben letztlich nur für umso mehr Aufmerksamkeit für die Aussagen des Paares gesorgt. Die Wirkung von Meghan und Harrys persönlichem Storytelling ist ein hervorragendes Beispiel, an dem sich auch CEOs und Gründer orientieren können. 

Allerdings dürfen die Schwierigkeiten und Risiken einer solchen Strategie nicht übersehen werden. So haben einige Experten den Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit während des Interviews kritisiert. Da das Interview im Voraus aufgezeichnet wurde, hätten sich viele vorab eine Warnung vor heiklen Themen gewünscht. Zum anderen sprechen heutzutage immer mehr und vor allem junge Menschen über das Thema psychische Gesundheit, sodass es teilweise unbedacht für Marketingzwecke übernommen wird. Im Campaign-Podcast vom 11. März sagte die Kommentatorin Brittany Kiefer: „Psychische Gesundheit ist ein Trendthema geworden. Viele Marken integrieren daher psychische Gesundheit in ihre Kampagnen – aber machen sie sich auch die Mühe, Wohltätigkeitsorganisationen für psychische Gesundheit zu unterstützen oder über die Art und Weise nachzudenken, wie sie darüber berichten und sprechen?“ 

Die Kunst des Interviews 

In einer Zeit, in der viele Marken ihre eigenen Video- und Audioinhalte produzieren und ihre Top-Mitarbeiter für Medien-Interviews zur Verfügung stellen, liefert das Interview von Harry und Meghan einige wichtige Lektionen. Als Interviewerin lieferte Oprah Winfrey eine Meisterleistung ab. Sie stellte präzise formulierte Fragen und Folgefragen, um die wichtigsten Details auf den Punkt zu bringen. Als Meghan sagte, dass ein Mitglied des königlichen Haushalts sich Sorgen über die Hautfarbe ihres Babys gemacht hatte, sagte Oprah leise, aber heftig: „Was?“ In diesem Moment konnten wir ihre Menschlichkeit spüren – aber gleichzeitig war es auch ein kluger Schachzug, der uns in das Gespräch hineinzog.  

Was Meghan und Harry betrifft, so unterstrichen beide ihre Argumente mit Geschichten, Anekdoten und gelegentlichem Humor und wirkten dabei glaubwürdig und offen. Anstatt auf zwei Fragen, die sie nicht beantworten wollten, „kein Kommentar“ zu sagen, erklärten sie stattdessen ihre Zurückhaltung. Meghan machte für gewöhnlich eine Pause, bevor sie auf Oprahs Fragen antwortete, was ihr einen Moment Zeit gab, ihre Gedanken zu sammeln und eine eloquente und prägnante Antwort zu geben. Mit all dem haben sich Harry und Meghan als exzellente Interviewpartner erwiesen, die beide in der Lage waren, ihre Botschaft effektiv zu vermitteln und die gewünschten Informationen zu liefern. 

Die Inszenierung und Produktion des Interviews haben ebenfalls dabei geholfen, Sympathien für das Paar zu erzeugen. Zunächst wurde Meghan alleine gezeigt – vermutlich um zu verdeutlichen, dass es hauptsächlich ihre Geschichte zu erzählen galt – und zum Ende kam Harry an ihre Seite, immer Händchen haltend, um ihren Zusammenhalt zu betonen. Ein großer Teil der Aufzeichnung fand im Hühnerstall von Meghans Sohn Archie in ihrem Haus in Kalifornien statt – auf den ersten Blick eine seltsame Wahl für ein Interview mit einem so ernsten Thema. Aber es veranschaulichte erfolgreich ihre Bemühungen, in einer ganz und gar nicht alltäglichen Situation normal zu sein, und ließ ihr neues und freies Leben in den USA als Happy End erscheinen.  ‍

Die Macht des Fernsehens

Das Interview von Harry und Meghan beweist, dass das Fernsehen weiterhin das beste Medium ist, um einen Massenmarkt zu erreichen. Es zeigt auch, dass wir immer noch bereit sind, uns in Wohnzimmern oder um Laptop-Bildschirme zu versammeln, um in Echtzeit übertragene Inhalte anzusehen. So pries die LA Times die Ausstrahlung des Interviews als Oprahs Wiederbelebung des „Big Event TV“. Mit einer weltweiten Zuschauerzahl von 49 Millionen, davon fast 5,4 Millionen in Deutschland, war es ein Must-See-Fernsehereignis. In Großbritannien war das Interview die beliebteste Sendung des Jahres, die nichts mit Corona zu tun hatte. Berichten zufolge nutzten international Werbetreibende diese Gelegenheit voll aus.  

Das Interview unterstreicht auch, wie das Fernsehen nachhaltige Debatten anstößt und welche Möglichkeiten dies für Werbetreibende eröffnet. Nach der Ausstrahlung in den USA verriet Winfrey, dass das Interview tatsächlich über drei Stunden lang war (die Fernsehfassung wurde auf 1,5 Stunden geschnitten) und es noch einiges mehr über die Reise der Sussexes zu berichten gab. Zusätzliche Clips an den darauffolgenden Tagen trieben die Gespräche und Berichterstattungen über Meghans und Harrys Geschichte weiter voran. So geht die Saga weiter.

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