In nächster Zeit kommen viele neue Gesetze auf Website- und Shopbetreiber zu. Dies betrifft nicht nur die Gesetzesänderungen 2023, sondern ebenfalls die kommenden Jahre darüber hinaus. Unter anderem sollen Menschen- und Verbraucherrechte, aber auch die Rechte von kleinen und mittleren Unternehmen besser geschützt werden. Hier ein Überblick über aktuell relevante Anpassungen, die Unternehmen und Marken betreffen. Das erfordert möglicherweise neue und modifizierte Geschäftsabläufe, eröffnet aber daneben interessante Chancen.
Gesetzesänderungen 2023: Diese Maßnahmen sollten schon jetzt ergriffen werden
Die folgenden Gesetzesänderungen sind bereits in diesem Jahr aktuell. Unternehmen sind gut beraten, sich intensiv mit den Forderungen auseinandersetzen, um Strafen zu vermeiden, neue Geschäftsmöglichkeiten und gleichzeitig Chancen für die Imageverbesserungen zu nutzen.
Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz
Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz verlangt von Unternehmen mit Sitz in Deutschland die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltschutzstandards entlang ihrer gesamten Supply Chain. Hierzu gehört auch die Etablierung eines Risikomanagements, das mögliche Umweltbelastungen oder Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit, Missachtung des Arbeitsschutzes, Lohndumping etc. feststellt. Darüber hinaus ist die Einführung eines Beschwerdeverfahrens und eine regelmäßige Berichterstattung vorgeschrieben. Seit Januar 2023 gilt das Gesetz für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeiter:innen. Im Januar wird die Mindestanzahl auf 1.000 herabgesetzt. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, riskiert Bußgelder in der Höhe von 8 Millionen Euro oder bis 2 Prozent des Jahresumsatzes. Letzteres gilt nur für Firmen mit einem Jahresumsatz, der über 400 Millionen Euro liegt.
Als erstes sollten betroffene Unternehmen ein Risikomanagement etablieren, um ihre Pflichten effektiver zu erfüllen, eventuelle Missstände rechtzeitig aufzudecken und zu beseitigen. Hilfreich ist es, die Quellen von bezogenen Rohstoffen zu ermitteln. Wo und unter welchen Umständen genutzte oder weiterverkaufte Produkte hergestellt werden, ist ebenfalls relevant. Weiterbildungen und Schulungen können der Sensibilisierung von Mitarbeiter:innen bezüglich Themen wie Menschenrechte und Umweltschutz dienen. Es lohnt sich, alle ergriffenen Maßnahmen transparent nach außen zu kommunizieren. Auf diese Weise lassen sich das Markenimage aufwerten und Integrität demonstrieren.
Verpackungsgesetz
Die Neuerungen im deutschen Verpackungsgesetz sehen vor, dass alle Anbieter:innnen von Speisen und Getränken mit einer Verkaufsfläche von über 80 Quadratmetern und mehr als fünf Angestellten eine Alternative zu Einwegverpackungen anbieten müssen. Die Kundschaft im Geschäft muss über die Mehrwegvariante informiert werden. Das kann beispielsweise auf der eigenen Website geschehen. Die Preise für die recyclebare Verpackung dürfen nicht höher sein als die Einwegvariante.
Bäckereien und Konditoreien müssen z.B. einen wiederverwendbaren Becher für „Coffee-to-go“ anbieten. Für Metzgereien gilt die Pflicht wiederum nur für Essen zum Mitnehmen, nicht für unzubereitete Fleisch- und Wurstartikel. Kleinere Unternehmen können Speisen und Getränke in Mehrwegbehälter füllen, die von der Kundschaft mitgebracht wurden. Geschäfte, die diese und ähnliche Optionen unterbreiten und aufmerksamkeitswirksam kommunizieren, profitieren von einer stärkeren Bindung einer umweltbewussten Kundschaft.
Digital Markets Act
Sogenannte „Gatekeeper“, die einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro im Jahr erwirtschaften oder mit einer Marktkapitalisierung von 75 Milliarden Euro ausgestattet sind, unterliegen dank des Digital Markets Act neuen Regulierungen. Auch Plattformen mit 45 Millionen aktiven und 10.000 aktiven gewerblichen User:innen monatlich fallen hierunter. Diese Unternehmen müssen zukünftig gestatten, dass sich vorinstallierte Applikationen löschen lassen sowie Änderungen an standardisierten Einstellungen bei Betriebssystemen, virtuellen Assistenten und Browsern zulassen. Die Installation von App-Stores und Apps von Drittanbietern, die dasselbe Betriebssystem nutzen, soll künftig erlaubt sein.
Die Kündigung von Dienstleistungen dieser Konzerne muss ebenso leichtfallen, wie die Anmeldung. Die gewerbliche Kundschaft erhält darüber hinaus Zugriff auf die Daten, die sie selbst auf fremden Plattform generiert hat. Daten der Geschäftskundschaft dürfen außerdem nicht genutzt werden, um mit ihnen auf der eigenen Plattform zu konkurrieren. Die eigenen Produkte und Services können nicht mehr besser bewertet werden als die der Konkurrenz. Gatekeeper müssen sich also selbstkritisch betrachten und jegliche möglichen Verstöße bestenfalls sofort unterbinden. Damit können sich die jeweiligen Unternehmen als Plattformen etablieren, die einen fairen Wettbewerb gewährleisten und eine vorbildliche marktwirtschaftliche Position einnehmen.
KMUs (Kleine und mittelständische Unternehmen) haben dagegen die Chance, nach den Gesetzesänderungen 2023 unter fairen Voraussetzungen miteinander und mit den Gatekeepern in einen Wettbewerb zu treten. Es bietet sich jetzt an, Angebot und Marketing auf mögliche Schwachstellen abzuklopfen und zu optimieren. Stimmen die Verkaufstexte? Sind die Produktbilder hochwertig? Erhalten Kund:innen alle notwendigen Informationen? Wird der bestmögliche Kundenservice angeboten? Für kleine und mittlere Firmen ist dies eine gute Gelegenheit, sich unter noch besseren gesetzlichen Voraussetzungen von ihrer besten Seite zu präsentieren.
Elektrogesetz
Elektrogerätehersteller müssen sich als solche registrieren, bevor sie Produkte anbieten, andernfalls dürfen sie die Geräte nicht in Umlauf bringen. Bei einem Verstoß lässt sich die entsprechende Ordnungswidrigkeit allerdings nicht immer leicht ahnden, insbesondere wenn die Produktion im Ausland bzw. außerhalb der EU stattfindet. Deswegen stehen nun Fulfillment-Dienstleistungsunternehmen und Marktplätze in der Pflicht, auf diese Registrierung zu achten. Nicht registrierte Geräte dürfen nicht mehr angeboten oder gelagert werden. Bei Nichterfüllung dieser Pflichten können Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro anstehen.
Händler:innen sollten sich daher bei der Stiftung EAR um eine Registrierung kümmern, falls das noch nicht geschehen ist. Dabei erhalten sie eine EPR-/WEE-Nummer, die sie bei den Online-Marktplätzen angeben müssen, auf denen sie verkaufen. Bei Versäumnis können Abmahnungen, Bußgelder und Account-Sperren die Folge sein. Dies sollte spätestens bis zum 1. Juli 2023 geschehen. Der Registrierungsprozess kann bis zu drei Monate oder sogar länger in Anspruch nehmen und muss daher schon vorher erfolgt sein.
Plattformen-Steuertransparenzgesetz
Online-Plattformen müssen private Verkäufe an das Bundeszentralamt für Steuern melden. Das Gesetz betrifft alle Betreiber:innen, bei denen Privatpersonen aus Deutschland und dem EU-Ausland Waren gegen Entgelt anbieten. Die entsprechenden Verkaufsdaten müssen an die Finanzbehörden weitergegeben werden. Hierzu gehören Name, Geburtsdatum, Steueridentifikationsnummer, Postanschrift, Bankverbindung, Verkaufserlöse und Gebühren. Wenn mehr als 30 Artikel oder Waren im Wert von über 2.000 Euro veräußert werden, sind entsprechende Handelsparteien dazu verpflichtet, diese Verkäufe zu dokumentieren. Dabei sind das Verkaufsdatum, die an die Online-Plattform abgeführten Gebühren, Gewinn und Verlust für das Finanzamt relevant.
Urhebergesetz
Webseiten, Blogs und Online-Shops müssen den Urheber:innen eines verwendeten Werks einmal pro Jahr aktiv Auskunft über den Umfang der Nutzung geben. Das schließt Grafiken, Musik, Videos, Texte und Bilder mit ein. Ausnahmen von dieser Pflicht gibt es für kostenlose Bilder, wenn nur ein geringfügiger Urheberbeitrag geleistet wurde oder wenn die Auskunftspflicht als unverhältnismäßig eingeschätzt wird, der Auskunftsaufwand also nicht im Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung steht. Bilddatenbanken und Plattformen müssen der Auskunftspflicht nachkommen, da sie als Vertragspartner gelten.
Nicht jede Urheberrechtsverletzung geschieht absichtlich, dennoch schützt das nicht vor Strafe und Abmahnungen. Um dies und die damit verbundenen Kosten sowie Image-Schäden zu vermeiden, sollten Unternehmen die Themen Urheberrecht und Rechteverwaltung mit in die Prozesse einfließen lassen, insbesondere im Bereich Marketing.
Hinweisgeberschutzgesetz (Whistleblower-Gesetz)
Wie die Bezeichnung bereits verrät, sollen hiermit Hinweisgeber:innen oder Whistleblower geschützt werden. Unternehmen sind dazu verpflichtet, ein entsprechendes Meldesystem einzurichten, um mögliche Rechtsverstöße in unterschiedlichen Bereichen zu beanstanden. Die Möglichkeiten zur Meldung und deren Bearbeitung müssen klar und verständlich kommuniziert werden, beispielsweise auf der eigenen Website. Mitarbeiter:innen, die Kundschaft oder Lieferanten sollten die Hinweise schriftlich, mündlich oder bei einer persönlichen Vorstellung äußern können. Die Konzerne sind nicht dazu verpflichtet, Anonymität für die hinweisgebenden Personen zu garantieren. Entsprechende Kanäle gewährleisten Informant:innen aber mehr Sicherheit, bauen Hemmungen ab und strahlen nach außen hin mehr Vertrauen aus. Die Verpflichtung gilt für Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten. Verstöße können mit bis zu 20.000 Euro geahndet werden. Das Gesetz hat einen äußerst breiten Anwendungsbereich und bezieht sich auf Verletzungen von deutschen und europäischen Rechtsvorschriften in verschiedenen Bereichen wie Umweltschutz, Verbraucherrechte, Datenschutz und Straßenverkehrssicherheit.
EU-Patentschutz
Ein neues einheitliches Patentsystem soll als zentrale Anlaufstelle für alle Patenteintragungen innerhalb Europas dienen. Die aufwendige zusätzliche Validierung innerhalb der einzelnen Staaten soll damit entfallen. Ziel ist es, den Patentierungsprozess zu verschlanken und effizienter zu gestalten sowie die Patentkosten zu senken. Ein einheitliches EU-Patentgericht wird die Durchsetzung von Patenten vereinfachen und die Rechtssicherheit erhöhen.
Unternehmen können sich weiterhin für das alte oder das neue Einheitspatent entscheiden. Letzteres eröffnet die Möglichkeit, Kosten und Aufwand für die individuellen Validierungen und Erneuerungen in einzelnen Ländern durch die jeweiligen nationalen Patentämter zu sparen. Wenn ein Wettbewerber dieses zentrale Patent jedoch erfolgreich anficht, gelten die sich daraus ergebenden Einschränkungen oder die Ungültigkeit für alle teilnehmenden Länder. Patentinhaber:innen konnten bisher ihre eigenen Ansprüche oder Anmeldungen in bestimmten Mitgliedstaaten einschränken, um eine Anfechtung von bestehenden nationalen Patentinhabern zu verhindern – das ist nach dem neuen Einheitspatent ebenfalls nicht mehr möglich. Jede Firma sollte also gut abwägen, ob ein Patent in allen mitwirkenden Mitgliedstaaten notwendig ist. Falls ja, muss eine gründliche Recherche vorangehen, bei der festgestellt wird, ob das eigene Patent in irgendeiner Form angreifbar ist.
Auf diese kommenden Änderungen solltest du dich über 2023 hinaus vorbereiten
Viele Gesetzesänderungen, Verordnungen und Dekrete werden derzeit noch diskutiert, kritisiert und bearbeitet, bevor es zu Abstimmungen und konkreten gesetzlichen Bestimmungen kommt. Ein Blick auf die Vorschläge lohnt sich dennoch, um sich früh genug vorzubereiten und das eigene Unternehmen entsprechend anpassen zu können – oder aber im Gegenteil nicht vorschnell zu handeln.
Chatkontrolle
Mit der sogenannten „Chatkontrolle“ könnte die Überwachung privater Chat-Nachrichten einhergehen, um den Missbrauch von Kindern zu bekämpfen. Online-Anbieter:innen sollen demnach Hinweise sammeln, die auf Nacktheit und Minderjährige hindeuten. Das Vorhaben ist umstritten und wird von Kinderschutzverbänden, Bürgerrechtsorganisationen und der EU-Datenschutzaufsicht kritisiert, die hierin einen wesentlichen Schritt in Richtung Massenüberwachung sehen. Die Verhandlungen zum Vorschlag sind noch im Gange und es ist unklar, wann genau ein Gesetz in Kraft treten könnte. Eine ältere Verordnung gilt allerdings nur bis August 2024, deswegen könnte es in diesem Jahr zu einer Entscheidung kommen.
Wie kritisch, unkritisch oder neutral ein Unternehmen auf diese mögliche neue Gesetzgebung reagiert, muss selbstständig entschieden werden. Selbst ein populärer Tech-Konzern wie Apple geriet bereits unter Feuer, als der Vorschlag unterbreitet wurde, private Nachrichten auf Kindesmissbrauchsmaterial zu überprüfen. Das Unternehmen entfernte schließlich Hinweise auf eine entsprechende Funktion von seiner Website und verschob eine Einführung auf unbestimmte Zeit. Das Beispiel zeigt, dass ein verfrühtes Handeln dem entgegengebrachten Vertrauen schaden kann, insbesondere wenn es möglicherweise die Privatsphäre von Kund:innen untergräbt.
AI Act
Der AI Act könnte weltweit das erste Gesetz darstellen, das den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in allen Lebensbereichen reguliert. Der Vorschlag soll einen gefahrlosen, ethischen und konstitutionellen Umgang mit der Technologie garantieren, um beispielsweise vor Diskriminierung durch Gesichtserkennung zu schützen. Die vier Risikolevels „minimal“, „begrenzt“, „hoch“ und „unannehmbar“ sollen einer groben Kategorisierung und Einschätzung der Gefahren der KI dienen. Dieser Entwurf steht ebenso in der Kritik von Bürgerrechtsorganisationen, denen die Regulierungen z.B. bei der biometrischen Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen nicht weit genug geht und immer noch zu viele Freiheiten für Missbrauch zulässt. Momentan entwickelt das EU-Parlament eine eigene Position zum AI Act, bevor die EU-Kommission und der Ministerrat über das Gesetz abstimmen. Eine entsprechende Verordnung ist bereits 2025 durchaus möglich.
Die Entwicklung eines KI-Risikomanagementprogramms kann Unternehmen in die Lage versetzen, künftige regulatorische Anforderungen zu erfüllen und KI-Systeme schon jetzt ethisch korrekt und möglichst fair einzusetzen. Eine Bestandsaufnahme aller von der Organisation genutzten KI-Systeme sowie eine Risikoklassifizierung sind hilfreiche erste Schritte. Hierbei können unabhängige Audits helfen. Kund:innen sollten außerdem darüber aufgeklärt werden, ob sie mit einer Maschine interagieren. Somit sind sie in der Lage, selbst zu entscheiden, ob sie die Interaktion fortsetzen möchten. Wichtig ist eine kontinuierliche Überwachung dieser Systeme und eine Feedbackschleife, um bestehende und mögliche künftige Vorschriften mit den verwendeten KI-Systemen abzugleichen, etwaige Compliance-Probleme zu identifizieren und zu beseitigen.
elDAS
Die Verordnung soll alle EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, eine Software namens „European Digital Identity Wallet“ (ID-Wallet) anzubieten, die eine einheitliche Online- und Offline-Identifizierung innerhalb der Europäischen Union ermöglicht. Die Identifizierungsmöglichkeit soll über Smartphone-Apps und auf anderen Geräten verfügbar sein und der sicheren Speicherung und dem Austausch von Daten wie Name, Vorname, Geburtstag, Staatsangehörigkeit und Informationen aus vertrauenswürdigen privaten Quellen dienen. Weiterhin sollen Nutzer:innen das Recht nachweisen können, in einem EU-Mitgliedsstaat zu leben, zu arbeiten und zu studieren. Dieser EU-weite Personalausweis hilft auch bei der Beantragung von Geburtsurkunden, der Eröffnung eines Bankkontos sowie der Beantragung eines Kredits, der Abgabe von Steuererklärungen, der Anmietung von Autos und beim Einchecken in ein Hotel. Sogar ärztliche Rezepte für die Verwendung in ganz Europa können theoretisch hierin aufbewahrt werden. Das System soll sich bis zum Jahr 2030 bei etwa 80 Prozent der EU-Bevölkerung durchgesetzt haben, so die Hoffnung der EU-Kommission. Diese Arten von E-Signaturen werden ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung von Unternehmen darstellen, die sich angemessen darauf vorbereiten sollten. Geschäftsprozesse lassen sich hiermit automatisieren und Papiernutzung reduzieren. Der Kundenkomfort kann gesteigert werden, die wiederum Geschäfte bzw. Verträge mit dem Tablet oder dem Smartphone abschließen können. Dafür können entsprechende Dienstleister und Applikationen in Anspruch genommen werden, die eSigning in die bestehenden Geschäftsprozesse integrieren.
Privacy Shield 2.0
Das am 7. Oktober 2022 von US-Präsident Joe Biden unterzeichnete Dekret zur Umsetzung eines neuen transatlantischen Datenschutzabkommens soll den Zugriff der US-Spionagebehörden auf personenbezogene Daten regulieren, die zwischen den USA und Europa ausgetauscht werden. Diese Institutionen sollen sich auf die Informationen beschränken, die der nationalen Sicherheit dienen und verhältnismäßig sind.
Widerrechtlich betroffenen Einzelpersonen innerhalb der EU soll es ermöglicht werden, bei einem unabhängigen Datenschutzgericht Beschwerde einzulegen. Dieses Gericht setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die nicht Teil der US-Regierung sind und kann uneingeschränkt über Klagen entscheiden sowie Abhilfemaßnahmen anordnen. Bei dem EU-Annahmeverfahren kommen der Europäische Datenschutzausschuss sowie das EU-Parlament zu Wort. Ob sich diese Version des Privacy Shields durchsetzt, entscheidet sich wahrscheinlich erst im Sommer 2023. Weil das Dekret nicht DSGVO-konform ist und leicht wieder rückgängig gemacht werden kann, geht der Privacy Shield europäischen Regierungsbehörden eventuell nicht weit genug. Europäische und deutsche Unternehmen können aber selbstständig für mehr Sicherheit bei ihren Kund:innen sorgen, indem sie die übertragenen Daten identifizieren, einschränken und anonymisieren. Alternativ lässt sich auch ein Cloud-Service finden, der seinen Sitz in Deutschland oder innerhalb der EU hat und damit datenschutzkonforme Dienstleistungen anbietet – eine Maßnahme, die als Teil des Angebots an die Öffentlichkeit kommuniziert werden kann und mit der sich Unternehmen sogar als Alleinstellungsmerkmal von der Konkurrenz absetzen können.
2025: Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
2025 tritt das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen in Kraft. Unternehmen müssen ihre digitalen Angebote bis zum 28. Juni 2025 barrierefrei gestalten, um allen Menschen einen uneingeschränkten Zugang zu ermöglichen. Hierzu gehören nicht nur Personen, die von schweren Behinderungen betroffen sind, sondern z.B. auch Individuen mit eingeschränkten motorischen Fähigkeiten und eingeschränkten oder fehlendem Sehvermögen.
Dazu sollten Unternehmen bereits jetzt eine Prüfung hinsichtlich der Barrierefreiheit ihrer Produkte, Tools und Dienstleistungen vornehmen und darauf basierend eine Strategie oder einen Aktionsplan für notwendige Optimierungen bis zum Stichtag entwerfen. Darüber hinaus sind Schulungen aller beteiligter Mitarbeiter:innen essenziell, um künftig barrierefreie Angebote zu erstellen.
Hierbei sollten unter anderem folgende Aspekte beachtet werden:
- Textlich erfassbare Audio- und Video-Inhalte (beispielsweise Alt-Text für Bilder)
- Untertitel und Audiodeskription für Video-Content
- Logische Anordnung aller Angebote im Web, damit z.B. eine Screenreader-Software eine Website korrekt lesen kann
- Auffällige Gestaltung von Buttons und Links
- Gut lesbare Schriftgrößen mit ausreichenden Kontrasten
- Farbe sollte nicht als einziger Informationsträger dienen, um wichtige visuelle Komponenten zu kennzeichnen oder Aktionen anzuzeigen
- Eine Kontaktmöglichkeit sollte vorhanden sein, um Barrieren zu melden
- Die Website inkl. alle Navigationselemente sollten mit der Tastatur bedienbar sein
- Zeitlimits sollten sich ausstellen oder verlängern lassen
- Zweckbeschreibungen von Verlinkungen sollten möglichst präzise sein
Bereits bestehende Barrieren lassen sich schon jetzt abbauen. Bei Unsicherheit ist es aber empfehlenswert, Expert:innen für Webdesign hinzuziehen, die sich im Bereich Barrierefreiheit auskennen. Auf diese Weise kann mit Sicherheit festgestellt werden, ob sich eher eine Optimierung oder eine Neuentwicklung einer Website lohnt.
Fazit:
Mit den neuen bzw. veränderten Gesetzen sind fraglos zahlreiche Herausforderungen verbunden. Unternehmen können diese Regulierungen aber auch als Chance sehen, Produkte und Dienstleistungen noch viel mehr Menschen zugänglich zu machen und sich als pflichtbewusste, zuverlässige und vertrauenswürdige Marke zu etablieren. So gesehen, bringen diese Anpassungen nicht nur gesellschaftliche und wirtschaftliche Verbesserungen, sondern auch hinsichtlich des Marketings durchaus Vorteile mit sich. Dazu ist allerdings eine genaue Analyse des eigenen Wirkens und dem der Handelspartner:innen sowie Ermittlungen in verschiedensten Geschäftsbereichen notwendig:
- Bestehen menschenrechtliche oder umweltbelastende Risiken entlang der Lieferkette?
- Welche Möglichkeiten stehen offen, um die Umwelt weniger zu belasten?
- Haben User:innen die Möglichkeit, sich frei für Dienstleistungen und Angebote zu entscheiden und diese ggf. problemlos wieder zu kündigen?
- Wird ein gesunder Wettbewerb auf der eigenen Plattform gefördert?
- Stammen alle angebotenen Produkte aus vertrauenswürdigen Quellen?
- Werden alle urheberrechtlichen Bestimmungen erfüllt?
- Ist das digitale Angebot barrierefrei?
Insbesondere in Bezug auf Barrierefreiheit ergeben sich zahlreiche Optionen zur Weiterentwicklung und Erhöhung der Reichweite der eigenen Marke. Für die meisten genannte Punkte gilt: Die Gesetzesänderungen 2023 und auch künftige Verordnungen werden das Leben und die Arbeit im Internet entscheidend verändern. Unternehmen, die sich nicht jetzt schon darauf einstellen, riskieren nicht nur Strafen und Bußgelder, sondern auch das Versäumnis wichtiger Entwicklungen. Damit verzichten Sie auf einzigartige Chancen, sich als vertrauenswürdige Geschäftspartner:innen zu etablieren, bei denen die bestehende und zukünftige Kundschaft kein schlechtes Gewissen bei der Zusammenarbeit haben muss.