„Wir glauben, dass der E-Scooter-Markt sehr schnell wachsen wird!“

Während mietbare E-Scooter in vielen europäischen Städten schon lange eine feste Größe sind, hat das Warten in Deutschland bald ein Ende. Das Verkehrsministerium plant, noch in diesem Jahr eine Verordnung zu erlassen, die den Einsatz von Elektrorollern auf Straßen und Radwegen grundsätzlich erlaubt. Keine Frage, dass E-Scooter-Anbieter voller Vorfreude sind. Wir haben bei Lime, einem der erfolgreichsten US-Hersteller in diesem Bereich, nachgefragt, wie die Pläne für Deutschland aussehen und welche Erfahrungen das Start-up beim Eintritt in andere Märkte gemacht hat.

Fabian, wie wird sich der Markt für Mikromobilität in Deutschland nach der Zulassung der E-Scooter Deiner Meinung nach entwickeln?

Wir glauben, dass der E-Scooter-Markt sehr schnell wachsen wird! Die Anzahl der Unternehmen, die bald mietbare Elektroroller in Städten anbieten werden, wird rapide ansteigen. Die neuesten Schätzungen des Verkehrsministeriums deuten darauf hin, dass in kürzester Zeit zwischen 30.000 und 150.000 Roller in den Innenstädten fahren werden. 

Dabei lohnt der Blick nach Österreich: Neueste Studien zeigen, dass 9 Prozent aller 25- bis 64-Jährigen in Österreich problemlos täglich mit einem E-Scooter unterwegs sein könnten. Dabei sind Menschen unter 25 Jahren noch nicht einmal berücksichtigt – und dass obwohl diese eine der größten Anteile einer potenziellen Roller-Zielgruppe ausmachen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das Potenzial der E-Roller in Österreich insgesamt bei circa 20 Prozent der Einwohner liegt.

Lime ist als US-Unternehmen inzwischen in vielen europäischen Ländern aktiv. Was sind eure wichtigsten Learnings aus dem Eintritt in den europäischen Markt? 

Meine Top-Tipps: Bleibt immer im engen Gespräch mit den Städten und lernt aus den Fehlern anderer. Wir wollen echte Partnerschaften mit Städten aufbauen. Wir haben viel investiert, um sicherzustellen, dass unsere Roller nicht zu einem unordentlichen Stadtbild beitragen. Wenn sie benutzt werden, müssen unsere E-Scooter jeden Tag aufgeladen werden, sodass unser Wartungsteam sie jeden Tag einsammelt, mit Strom versorgt und dann wieder aufstellt. In Paris und Wien haben wir sogar unsere eigene Rollerpatrouille, die sich darum kümmert, dass die Roller an den richtigen Stellen geparkt sind und keine Hindernisse verursachen. Es ist wichtig, von Anfang an die Prioritäten und Bedenken einer Stadt zu erkennen und ernst zu nehmen, aber gleichzeitig auch ein einzigartiges Fahrerlebnis zu bieten.

Mikromobilität ist ein wichtiger Trend in Deutschland und Lime ist nicht der einzige US-Player, der auf den deutschen Markt expandieren möchte. Worin unterscheidet ihr euch von anderen Anbietern?

Durch drei Kernkompetenzen: Design, Technologie und Expertise. Wir haben unsere eigenen Roller entworfen und kaufen sie nicht einfach von der Stange wie andere Anbieter. Unser Roller der Generation 3 ist mit 20 kg schwerer als die meisten, die etwa 14 kg wiegen und hat größere Reifen – das verändert das Fahrerlebnis völlig. Wir investieren auch stark in Technologien, die das Fahrerlebnis sicherer machen. Unser Roller der Generation 3 wird die Fahrer in Zukunft darüber informieren, wenn sie sich in einer Parkverbotszone aufhalten und erhalten Warnungen, wenn ihre Roller falsch geparkt sind. Durch unseren Markteintritt in über 100 Städten besitzen wir ein umfassendes Know-how. 

In den USA oder in Europa – zum Beispiel in Österreich, der Schweiz und Frankreich – gehören E-Scooter längst zum Alltag. In Deutschland wurde eine Straßenzulassung jedoch aus Sicherheitsbedenken lange verzögert. Wie anspruchsvoll ist Deutschland im Hinblick auf regulatorische Auflagen?

Ich denke, das Gesetz, das in Kürze verabschiedet wird, wird dem Markt einen soliden Rahmen für die Zukunft bieten. In einer idealen Welt hätte ich mir E-Roller gewünscht, die als E-Bikes und nicht als Kraftfahrzeuge eingestuft werden. Das bedeutet, dass es bestimmte Einschränkungen gibt, mit denen wir arbeiten müssen. Die E-Scooter müssen zum Beispiel richtig geparkt, also nicht nur wie Fahrräder abgestellt werden, und durch Parks dürfen sie auch nicht fahren. Aber wie auch immer am Ende die Rahmenbedingungen aussehen: Wir werden mit dem arbeiten, was uns vorgegeben wird.

Lime ist ein fortschrittliches Unternehmen. Auf welche Technologien werdet ihr in Zukunft setzen?

Unser Fokus liegt klar auf dem Thema Sicherheit. Wir testen Rollersensoren, die dem Benutzer sagen können, ob er auf dem Bürgersteig fährt – was in Deutschland nicht erlaubt ist. Und auch im Software-Bereich erinnert kaum mehr etwas an die früheren Tage des klassischen Leihfahrrads. So setzen wir zum Beispiel künstliche Intelligenz ein, um sicherzustellen, dass unsere Roller nicht am falschen Ort geparkt werden. Dafür bitten wir unsere Nutzer, ein Foto von ihrem geparkten Scooter zu machen. Unsere KI untersucht das Bild dann auf mögliche Probleme oder Hindernisse, zum Beispiel ob an einem Zebrastreifen geparkt wurde. Wenn es dann ein Problem gibt, schicken wir eine Patrouille los, um den Roller umzuparken.

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Seit Januar 2019 arbeitet Fabian Ladda daran, Städtepartnerschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufzubauen. Sein Hauptaugenmerk liegt auf den Themen Mikromobilität, die Reduzierung von privat genutzten PKW und eine ökologische Verkehrswende.

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