Wie lässt sich Diversität im Marketing umsetzen?

Diversität zu fördern und intern als auch extern umzusetzen, ist derzeit eine der wichtigsten Aufgaben und Anliegen vieler Unternehmen. Das Marketing hat dabei eine besondere Bedeutung, denn es beeinflusst erheblich, wie wir denken, wahrnehmen und handeln. Was müssen Marketing-Profis also beim Thema Diversität alles beachten und welche Chancen als auch Fallstricke warten hier auf sie? Wir haben die Unternehmerin Tijen Onaran befragt, eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität, Sichtbarkeit und Digitalisierung geht.

1. Dein Motto lautet: „Ohne Diversität keine Digitalisierung!“ Was bedeutet das genau für dich?

Innovation ohne Diversität ist nicht denkbar. Denn egal ob es um Produkte oder Dienstleistungen geht, wird die Frage immer wichtiger, wer diese entwickelt. Nehmen wir die Konsumgüterbranche, hier gilt mittlerweile: Konsum ist politisch. Verbraucher:innen und Kund:innen achten darauf, ob Kampagnen divers gestaltet sind. Denn nur, wenn ich vertraue, kaufe ich auch. Und Vertrauen wird durch Gesichter geschaffen. Wenn diese Gesichter aber nur einen Typus abbilden, ein Geschlecht zeigen, eine Sozialisation darstellen, werde ich mich als Konsumentin mit einem diversen Hintergrund nicht angesprochen fühlen. Zudem zeigen zahlreiche Studien, dass diverse Teams erfolgreicher und übrigens auch krisenfester sind. Und welches Unternehmen möchte nicht erfolgreich in der Digitalisierung und krisenfest sein? 

2. Welche Rolle kommt dabei dem Marketing zu?

Marketing nimmt hier eine ganz wichtige Rolle ein. Denn Marketing macht Diversität sichtbar – übrigens auch fehlende! Zugehörigkeit spielt bei der Kaufentscheidung eine immer entscheidendere Rolle. Nicht umsonst gibt es so viele Start-ups, die Konsument:innen hinter die Kulissen ihrer Arbeit mitnehmen und aufzeigen, wie sehr sie sich für Themen wie Nachhaltigkeit, aber auch Diversität einsetzen. 

3. Worauf müssen Marketing-Profis am meisten achten, um Diversität in ihren Kampagnen wirkungsvoll umsetzen zu können?

Beim Marketing mit Diversitätsfokus gilt: Es muss drin sein, was draufsteht! Wenn ich als Unternehmen Diversitätskampagnen fahre, aber selbst keine Vielfalt im Vorstand oder in der Geschäftsführung habe, bin ich unglaubwürdig. Die Diversität in Kampagnen fängt bereits bei der Vielfalt in den Teams an. Nur diverse Köpfe gestalten auch diverse Produkte. Die Diskussion rund um Pinky Gloves, dem Start-up, das in die Höhle der Löwen einen pinken Handschuh gepitcht hat, der Frauen „helfen“ sollte Periodenprodukte zu entsorgen, hat gezeigt: Wenn keine Diversität im Team vorhanden ist, wird an einer diversen Zielgruppe vorbeientwickelt!  

4. Gibt es neben geschlechtergerechter Sprache auch geschlechtergerechte Visuals, Sounds, Strategien etc.?

Das gibt es durchaus! Hier gilt der Grundsatz: Was ich sehe, begreife ich! Wenn ich beispielsweise in Kampagnen auf Social Media nur Menschen mit weißer Hautfarbe sehe, werde ich eben auch nur diese Zielgruppe ansprechen. Gleiches gilt für das Thema Altersdiversität oder auch Menschen mit Behinderung. Kein Unternehmen der Welt wird jede einzelne Diversitäts-Dimension zu gleichen Teilen in allen Kampagnen und Marketinginstrumenten abbilden können. Um Perfektion geht es bei Diversität ja eben auch nicht. Diversität ist ja gerade das Unperfekte, das stetige Lernen und Verändern. Ich rate Unternehmen eine Community aufzubauen, mit der sie gemeinsam diverse Produkte entwickeln und sich so stetig weiterentwickeln! 

5. Was sind die häufigsten Fehler und Fallstricke?

Der häufigste Fehler lautet: aus Angst etwas Falsches zu tun, nichts zu tun. Sich nicht zu positionieren ist keine Option mehr. Wir leben in gesellschaftspolitischen Zeiten und gerade das Marketing nimmt hier eine Schlüsselrolle ein. Wenn ich als Marketingverantwortliche:r unsicher bin, ist es essentiell, sich Rat und Unterstützung von Diversity-Expert:innen zu holen. Gerade der Blick von außen hilft, auch einen diversen und kritischen Blick zu entwickeln!  

6. Welche Unternehmen oder Kampagnen fallen dir als Positiv-Beispiele ein?

Das Start-up Gitti Conscious Beauty von der Gründerin Jenni Baum-Minkus schafft es auf natürliche Weise, Diversität in Bildern, Botschafter:innen und Kampagnen abzubilden. Aber auch der Hersteller Mattel hat auf Diversität bei Barbies gesetzt und damit wirtschaftlichen Erfolg erfahren: So gab das Unternehmen im Februar bekannt, dass es im letzten Quartal den besten Umsatz seit 15 Jahren generiert hat, auch und gerade durch die Diversität an Barbies!  

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Tijen Onaran ist Unternehmerin, Investorin, Bestseller-Autorin und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität, Sichtbarkeit und Digitalisierung geht. Tijen ist Gründerin von Global Digital Women, dem international führenden Beratungsunternehmen in Diversitätsfragen, das kürzlich die Gender-Diversity-Dokumentation YES SHE CAN – FRAUEN VERÄNDERN DIE WELT …

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