In den letzten zehn Jahren hat sich die Vorstellung der Konsumenten von Luxus massiv verschoben. Anstatt wie früher den eigenen Status mit schnellen Autos und 5-Sterne-Hotels präsentieren zu wollen, strebt der Kunde heute nach Selbstoptimierung – tatsächlich sieht er sich selbst als Luxusprodukt. Im folgenden Artikel stellen wir die Ergebnisse der aktuellen Studie “Konsumentengenerationen 2018” von INLUX/Keylens Management Consultants vor und ziehen daraus zentrale Schlüsse für das Brand-Marketing.
Im Rahmen der Studie wurden 750 Leute gefragt: “Was verstehen Sie unter Luxus?”
Neue Luxusgüter: Gesundheit und Zeit
Gesundheit und Zeit sind zentrale Luxus-Attribute in unserem heutigen Leben – darüber sind sich durch alle Altersgruppen hinweg 80-81 Prozent der Befragten einig. In Zeiten, in denen die Lebenserwartung steigt, das Bewusstsein über mögliche Krankheiten wächst und Doppelverdiener-Familien zur Norm werden, suchen die Menschen aktiv nach neuen Methoden, sich gesund zu halten und sich Zeit für Familie, Freunde und sich selbst zu nehmen. Das hat sowohl die Reise- und Freizeitindustrie als auch die Industrie für gesunde Lebensmittel nachhaltig beeinflusst – in letzterer zum Beispiel in Form von Superfoods-Trends oder Clean- und Slow-Eating-Bewegungen.
Marketing-Beispiel: Das kalifornische Bus-Unternehmen York Region Transit feiert die “Me Time”
Amerikaner lieben ihre Autos über alles – oder schätzen sie ihre Zeit für sich selbst noch mehr? York Region Transit hat sich entschieden, das Thema “Me Time” ins Zentrum einer Kampagne zu stellen. Diese wirbt damit, dass die Busfahrt Gelegenheit zur Entspannung oder Raum für Dinge bietet, für die man sonst kein Zeit findet, wie zum Beispiel Musik hören, lesen, arbeiten oder ein Nickerchen. Die Kampagne erreichte bis zu 20 Millionen Menschen durch Außenwerbung und die Facebook-Seite verzeichnete in acht Wochen 370.000 Unique Impressions.
Selbstoptimierung rangiert als neues Luxusprodukt über Immaterialismus
Einer der zentralen aktuellen Konsumententrends ist, dass Konsumenten eher nach immateriellen Luxusgütern (zum Beispiel Erfahrungen) streben, als nach materiellen Produkten. Die vorliegende Studie stellt weiter heraus, dass Kunden vor allem ein Bedürfnis nach Selbstoptimierung haben. Und während große Anteile aller Altersgruppen diese Annahme bestätigen, ist die Zustimmung in einer besonders hoch: Die Gruppe 70+ sieht Selbstoptimierung – zum Beispiel in den Bereichen Bildung, digitale Kompetenz, Sport, Wellness oder Kultur – als höchsten Luxus an.
Marketing-Beispiel: Nike’s Find your Greatness Campaign
Die Kampagne von Nike vermittelt die Botschaft, dass es in Ordnung ist, sich in kleinen Schritten zu steigern – natürlich verbunden damit, dass Nike-Produkte dabei helfen, die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Marke für Sportbekleidung hat herausgearbeitet, dass Menschen Sneakers prestigeträchtiger Marken zwar lieben – aber nicht so sehr wie die eigene Selbstoptimierung.
Der Konsument entscheidet, wann und wie er Luxusgüter nutzt
73 Prozent der Studienteilnehmer stimmten folgender Aussage zu: “Ich wähle Luxusprodukte in den Bereichen meines Lebens, die mir wichtig sind. In anderen entscheide ich mich für günstigere Optionen.”Traditionelle Luxusgüter sind deshalb nach wie vor von Bedeutung: Im Ranking finden sich ab dem 6. Platz abwärts Dinge wie fortschrittliche Technologie-Produkte, großzügige Häuser und kostspielige Urlaube (obwohl Autos, Spa und Wellness auf den letzten Plätzen landeten). Menschen kuratieren ihren Luxus mehr und mehr selbst. So werteten 59 Prozent der Teilnehmer das Statement “Luxusprodukte müssen zu mir passen und meine Persönlichkeit unterstreichen” als zutreffend. Beispielsweise ist es durchaus wahrscheinlich, dass man eine billige Wohnung mietet, dafür aber mehr Geld für eine teure Kaffeemaschine, Blumenlieferungen oder die Mitgliedschaft in einem exklusiven Fitnessstudio ausgibt.
Marketing-Beispiel: Tiffany & Co’s Engagement Ring Finder Mobile App
Tiffany & Co. hat festgestellt, dass viele Menschen trotz hoher Preise dazu bereit sind, ein einmaliges Erinnerungsstück wie zum Beispiel einen Verlobungsring bei ihnen zu kaufen. Das Juwelierhaus hat deshalb eine Augmented-Reality-App entwickelt, in der Menschen Ringe anprobieren können, ohne den Laden zu betreten. Anstatt sich um Exklusivität zu sorgen, konzentrierte man sich hier darauf, die Marke Tiffany durch die App auch für Menschen erfahrbar zu machen, die nicht zur typischen, zahlungskräftigen Stammkundschaft gehören.
Key Learnings für das Marketing:
Unternehmen sollten in ihren Marketing-Aktivitäten betonen, wie sie zur Gesundheit und Zeitersparnis ihrer Kunden beitragen: Diese Komponenten als Luxusgüter der eigenen Marke zu positionieren, eröffnet jeglichen Branchen von Nahrungsmitteln über Kosmetik bis hin zu Reisen und Lifestyle große Möglichkeiten.
Produkte und Services sollten sich darauf konzentrieren, intrinsische, bedeutungsstarke Momente und Werte für den Konsumenten zu kreieren und diesen in seinem Streben nach Selbstoptimierung zu unterstützen. Dies gilt insbesondere für Marken, die sich an ältere Zielgruppen richten.
Luxus ist nicht mehr als Ziel in sich wünschenswert, sondern dient der Erfüllung bestimmter Bedürfnisse. Die zunehmend reflektiert agierenden Konsumenten möchten als Individuen wahrgenommen und adressiert werden.
Das Branding und Marketing von Luxusprodukten bedarf eines radikalen Umdenkens: Luxus meint in zunehmendem Maße die Selbsterfüllung des Konsumenten, anstatt sich auf das Attestieren seines Status’ mithilfe bestimmter Produkte zu beziehen.
Lesen Sie hier die gesamte Studie.