Aktuell ist Blockchain in aller Munde. Die Technologie hinter Bitcoin findet nach und nach ihren Weg ins Marketing und bringt zahlreiche Veränderungen und neue Produkte mit sich. Viele Experten sind sich sicher, Blockchain wird auch die Marketingwelt nachhaltig beeinflussen. Wir haben uns gefragt: Wie genau wird das aussehen? Hier sind sieben Wege.
Was genau ist Blockchain nochmal?
Die Idee hinter der Technologie ist ziemlich komplex. Im Prinzip ist Blockchain eine dezentrale Datenbank, vergleichbar mit bspw. Google Doc oder ein Geschäftsbuch, das gleichzeitig auf Tausenden oder sogar Millionen von Computern gepflegt wird – ohne, dass es einen zentralen Ort gibt, an dem die Daten liegen. Am besten passt wohl das Bild einer gigantischen Krankenakte, in der jeder Eintrag einem Datenblock entspricht, versehen mit Zeitangabe und entsprechend verifiziert. Personen können von unterschiedlichen Orten aus Einträge in diese Krankenakte schreiben und sich auch alles ansehen, wobei jeder nur seinen eigenen Eintrag bearbeiten kann. Jede Änderung wird fälschungssicher dokumentiert und niemand kann die gesamte Akte löschen.
Der wohl bekannteste Use Case von Blockchain ist die Kryptowährung Bitcoin. Die Technologie macht es jedem Netzwerk-Nutzer zu jeder Zeit möglich, zu erkennen, in welcher Wallet (Krypto-Geldbörse) bestimmte Bitcoins abgelegt wurden – und verhindert damit, dass Beträge mehrfach ausgegeben werden.
Mit Blockchain wird die Vorgeschichte von Produkten nachvollziehbar
Hersteller physischer Produkte erkennen langsam aber sicher den klaren Nutzen, den die Blockchain-Technologie in Form von Authentizität und Transparenz für die Kunden mit sich bringt.
Gerade im Fall von Luxusgütern scheint dies besonders attraktiv, denn hier sind die Erwartungen der Kundschaft an Herkunft der Materialien sowie Ort und Art der Herstellung besonders hoch. So berichtete Forbes erst im Mai darüber, dass der Londoner Designer Martine Jarlgaard eine eigene Initiative zur Verknüpfung von Modewelt und Blockchain ins Leben gerufen hat. Die Technologie sorgt dafür, dass der Weg einzelner Rohstoffe durch die Zuliefererkette bis hin zum fertigen Kleidungsstück nachvollziehbar bleibt. Um diese Informationen zu erhalten, müssen Kunden lediglich einen QR-Code mit ihrem Smartphone einscannen. „So können Nutzer problemlos und transparent einsehen, woher ihre Kleidung stammt und diese ruhigen Gewissens tragen“, so Jarlgaard selbst.
Blockchain sortiert Fake News aus
Immer häufiger dominieren sensationsheischende Falschnachrichten die sozialen Medien, trockene „Real News“ haben das Nachsehen. Auch bei diesem Problem könnte die Blackchain-Technologie Abhilfe schaffen.
Das Start-up Userfeeds zum Beispiel entwickelte eine Plattform, die sogenannten „Fake News“ den Kampf angesagt hat, indem sie die Blockchain mit Social Media-Inhalten verbindet. Die Idee dahinter: Wenn Bots oder Produzenten von Falschnachrichten die Algorithmen sozialer Medien austricksen, erscheinen die Fake News in der Folge viel prominenter auf den Social Media-Kanälen als echte Nachrichten. Nicht selten findet sich die Werbung von Marken dann im Umfeld von unpassenden und extremen Inhalten wieder. Userfeeds will das ändern und bietet einen Ansatz, bei dem Nutzern ein ökonomischer Anreiz geboten wird, Inhalte besser zu ranken (zum Beispiel, in dem sie mit Kryptowährung bezahlt werden) und der eine Art Prüfpfad für Inhalte auf Basis der Blockchain-Technologie bietet. Somit können Nutzer besser nachvollziehen, wie und wo Nachrichten entstanden sind.
Blockchain bietet Marketer mehr Flexibilität beim Bezahlen
Die Kryptowährungsplattform TenX ermöglicht es Usern ihre Bitcoin oder andere Währungen überall auszugeben, wo sie wollen, indem sie die entsprechende TenX Card nutzen und die App herunterladen. Dieser Ansatz könnte besonders den Marketingverantwortlichen zu Gute kommen, die über keine Kreditkarte verfügen. Mitgründer Dr. Julian Hosp erklärte gegenüber The Restless CMO, ein wesentlicher Vorteil seiner Lösung für Werbetreibende wäre, dass so gut wie jeder eine TenX Card erhalten und mittels Kryptowährung digitale Werbeflächen erwerben könne. Die Nachfrage komme von Menschen aus Ländern wie Brasilien und Chile, die eben keinen Zugang zu einer Kreditkarte hätten, aber eben auch von vielen Deutschen, da die Auflagen für die Vergabe von Kreditkarten hierzulande enorm hoch seien. „Solange Sie nicht Terrorist oder Verbrecher sind, können Sie mit unserer Karte via Kryptowährung bezahlen“, so Hosp.
Auch Unternehmen, die mit Werbeanzeigen auf der eigenen Website Geld verdienen, können von der Blockchain-Technologie profitieren – selbst wenn sie über kein eigenes Bankkonto verfügen. Denn auch wenn es in der westlichen Welt Normalität ist, gut ein Drittel der Weltbevölkerung genießt dieses Privileg nicht und ist dennoch im Internet aktiv. Die Plattform Bitteaser will Abhilfe schaffen und belohnt Webseitenbetreiber, ähnlich wie Google Adsense, für das Hosting von Werbung – allerdings mittels Kryptowährung.
Blockchain schafft Vertrauen in Paid Ads
Die adChain Registry ist ein Blockchain-basiertes Protokoll, das Bots darin hindern soll, Werbedaten zu manipulieren. Dahinter steckt die Idee, dass der Tausendkontaktpreis als Basis für das Auszahlen von Gewinnen falsche Anreize setzt und abgeschafft wird. Stattdessen wird ein Register als große Datenbasis an geprüften, zugelassenen und Bot-freien Domains fungieren, für die Nutzer Webseiten vorschlagen können, indem sie eine gewisse Summe in Form von adTokens bezahlen. Sollte die Seite den Standards nicht entsprechen, verliert der Nutzer seine hinterlegten adTokens. Die Idee: Werber bezahlen für registrierte Webseiten auf adChain, weil diese von Menschen und nicht von Bots geprüft wurden und sie sich damit der Qualität sicher sein können.
Blockchain sorgt dafür, dass Kundendaten sicher verstaut werden
In Zeiten, in denen die Bedenken das Thema Datenschutz dominieren, kann die Blockchain Marketer dabei helfen, große Datenmengen zu anonymisieren und sie gleichzeitig noch für Brand-Building-Zwecke zu nutzen. Für viele Marken sind Daten zur entscheidenden Währung geworden; sie suchen den Kontakt zum Kunden und möchten das zunehmend ohne „Mittelsmann“ tun. Die Blockchain-Technologie bietet die Möglichkeit, Transaktionsdaten möglichst dezentral – und damit sicher – aufzubewahren und gleichzeitig schlagkräftig einzusetzen. In Zukunft könnten Unternehmen die Blockchain darüber hinaus auch nutzen, um sich das Einverständnis für die Nutzung von personenbezogenen Daten geben zu lassen.
Blockchain monetarisiert die Erstellung von originären Inhalten
Im Juni diesen Jahres gab Decent, eine Blockchain-basierte Content Distribution-Plattform, den Start von Publiq bekannt. Dabei handelt es sich um einen Entlohnungsprozess, der es Autoren und Content-Produzenten erlaubt, ihre Inhalte über die Blockchain zu verbreiten und sofort dafür bezahlt zu werden. Das System bietet Kreativen damit bessere Konditionen als Großkonzerne wie Apple oder Amazon und stellt damit eine echte Alternative dar. Einen ganz ähnlichen Ansatz verfolgt das DECENT Network, das es Künstlern ermöglicht, jede Art von Inhalten effizient zu verbreiten – egal ob Text, Musik, Video, eBook oder Bilder. Der Distributionsprozess kommt dabei komplett ohne externe Dritte aus, Künstler können Urheberrechte und Preise ganz einfach selbst kontrollieren und verwalten.
Blockchain Plattformen vermarkten „Vertrauen und Authentizität“
Wie bei jeder neuen Technologie stehen hinter den ersten Anbietern meist spannende Gründungsgeschichten. So auch bei Kryptowährungsplattform TenX.
„Im Marketing geht es traditionell darum, eine Sache an den Mann oder die Frau zu bringen, während man die Nachteile möglichst galant unter den Tisch fallen lässt. Die Blockchain wiederum ist so transparent gegenüber allen Beteiligten, dass ihre Vermarktung eine Herausforderung für Marketer darstellt. Einfach irgendetwas verschweigen, wird hier nicht funktionieren“, erklärt TenX-Mitgründer Dr. Julian Hosp.
Das Start-up entschied sich dazu, einen „Token Sale“ (im Grunde eine Crowdfunding-Kampagne für Kryptowährungen) zu starten und diese Finanzspritze zu nutzen, um in das eigene Wachstum zu investieren. „Erfolgreiche Kickstarter-Kampagnen haben uns inspiriert, es ging uns darum, möglichst authentisch zu sein. Der aktive Kontakt mit der Community war und ist uns wichtig. In den zwei Monaten vor dem Krypto Sale haben wir als Team alle Zeit, die wir hatten, darin gesteckt, Fragen von Kunden via Slack, Facebook oder Reddit möglichst umfassend zu beantworten. Jeden Dienstag um 10 Uhr habe ich via Facebook Live solange Fragen beantwortet, bis jeder zufrieden gestellt war“, so Hosp weiter.
„Als erste Plattform, die es Menschen ermöglicht, ihre Kryptowährung überall auf der Welt auszugeben, ist unser Ansatz klar: Wir wollen etwas verändern. Umso wichtiger ist es für uns, dass Nutzer uns und unserem Produkt ihr Vertrauen schenken.“
Das Ergebnis ist beeindruckend: 14.000 Token Holder investierten, 80 Millionen US-Dollar kamen umgerechnet in nur zehn Minuten zusammen: Eine absolute Anomalie in der Start-up-Welt, wo eine so hohe Finanzierung in der Frühphase der Produktentwicklung extrem selten ist.
Der Blockchain haftet etwas Utopisches an, nicht umsonst sprechen einige Stimmen davon, die Technologie ähnele den früheren Vorstellungen von den Freiheiten des Internets. Auch für die Marketingwelt wird sie tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen. Zwar steckt die Blockchain momentan noch in den Kinderschuhen, doch Experten sprechen schon davon, dass sie bereits in fünf Jahren selbstverständlicher Teil des Alltags sein könnte. Für Marketer bedeutet das nichts weniger, als dass sie sich des enormen Potentials der Technologie klar werden und überlegen müssen, inwiefern die Blockchain bestimmte Prozesse vereinfachen kann. Nur so werden sie die Konkurrenz auch in Zukunft auf Abstand halten können.