Die Augmented-Reality- Technologie (AR) hat seit ihrer Einführung einen langen Weg zurückgelegt. Von der von Mode- und Kosmetikbranche bis hin zur Möbel- und Automobilindustrie sind unzählige Marken von der neuen Technologie begeistert. Zurecht! Doch trotz beeindruckender Use-Cases stehen Unternehmen bei der effektiven Umsetzung von AR-Anwendungen vor gewissen Herausforderungen. Wir werfen einen Blick darauf.
Was ist Augmented Reality?
Augmented Reality – oder kurz AR – ermöglicht es den Konsumenten über ihr Smartphone oder Headset eine Welt zu sehen, die mit virtuellen 2D- oder 3D-Objekten oder Bildern überlagert ist. In dieser erweiterten Realität werden die Produkte in bestimmten Kontexten visualisiert, um zu sehen, ob sie in die bereits vorhandene Umgebung passen. Die Anwendungen reichen von einer Küchenzeile in der Wohnung, über das Make-up auf dem Gesicht bis zum neuen Auto in der eigenen Garage. Studien zeigen, dass AR die Conversion Rate im E-Commerce erhöht. Shopify hat festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit mit der Verbraucher:innen ein Produkt kaufen werden, um 94 % steigt, wenn sie dieses zuvor in AR oder 3D sehen.
Was als eine nützliche und überzeugende Add-on-Technologie begann, wurde für viele Marken auf dem Höhepunkt der Pandemie zu einem unverzichtbaren Feature, als Geschäfte aufgrund der Kontaktbeschränkungen schließen mussten und die Verbraucher:innen nicht mehr in der Lage waren, die Produkte live zu sehen. In vielen Fällen waren die AR-Anwendungen für Marken die einzige Möglichkeit, um weiterhin mit ihren Kunden in Kontakt zu treten.
Arne Schoenleben, CEO der AR-Agentur svarmony, die AR-Anwendungen für Marken wie Porsche, Media Markt und Miele entwickelt hat, erklärt, dass dieser Bedarf weiterhin besteht. “Die größte Nachfrage besteht im Moment nach Produkt-Visualisierung. Dabei geht es darum, wie ich mein Produkt an den Kunden bringe, wie ich dem Kunden mein Produkt erkläre und wie ich den Kunden die Möglichkeit gebe, mit meinem Produkt zu interagieren.”
Tech-Unternehmen wie Google haben Headsets und AR-Brillen entwickelt, aber bisher hat diese Hardware nur in den Bereichen Virtual Reality und Gaming wirklich Fuß gefasst. Das Smartphone ist das wichtigste Gerät in der Welt des Verbrauchers. AR-Anwendungen wurden entwickelt, um dies zu berücksichtigen. Da die Smartphone-Verkäufe in den letzten zwei Jahren jedoch zurückgegangen sind, denken die großen Technologieunternehmen darüber nach, was als nächstes kommt. Im Oktober 2021 skizzierte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg seine Pläne für die nächste Version des Internets – das Metaverse – das sowohl Virtual Reality, als auch Augmented-Reality-Elemente enthält, die durch die Oculus-Headsets von Facebook sichtbar werden.
Was sind die Herausforderungen bei AR?
Die Augmented-Reality-Technologie gibt es seit 30 Jahren. Die großen Technologieunternehmen haben deutlich signalisiert, dass sie AR als die Zukunft betrachten. Allerdings sind die meisten Unternehmen bisher nicht über das Experimentieren mit AR hinausgegangen und nur wenige von ihnen betrachten die Technologie als integralen Bestandteil ihrer Marketingstrategie. Warum?
- Empfundene hohe Einrichtungskosten: „Bevor Unternehmen mit AR loslegen können, brauchen sie einen 3D-Datensatz des Produkts“, erklärt Schoenleben. Dieser Datensatz hat jedoch viele Use-Cases, die über die ursprüngliche AR-Anwendung hinausgehen. Das Problem: Viele Unternehmen können die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten am Anfang nur schwer einschätzen. Schoenleben erklärt dies an einem Beispiel: „Nehmen wir eine Kaffeemaschine. Erstens sehen die Kunden das virtuelle Produkt in ihrer Küche. Zweitens lernen sie, wie er die Kaffeemaschine bedient. Drittens kann gezeigt werden, wie man das Produkt pflegt, reinigt und repariert. Der 3D-Datensatz kann auch zur Schulung des Personals verwendet werden. Der 3D-Datensatz liefert damit einen enormen Mehrwert, der weit über einen einzelnen Use Case hinaus geht.“
- Fehlende Standard-KPIs: Da es sich beim AR-Marketing noch um eine relativ neue und innovative Disziplin handelt, gibt es noch keine standardisierten und gut akzeptierten KPIs. Unternehmen neigen dazu, ihre AR-Anwendungen anhand der üblichen Online-KPIs zu messen, die jedoch in der Regel nur auf einem Anwendungsfall basieren, was einen falschen ROI ergibt, so Schoenleben.
- Mangelnder Mut: Schoenleben sieht einen deutlichen kulturellen Unterschied in den amerikanischen und europäischen Reaktionen auf neue AR-Technologien. „In den USA sind Marken oft mutiger. Sie sehen sich die neuen Technologien und die Aktivitäten von Meta an und sind begeistert, Dinge auszuprobieren. In Europa sind die Unternehmen anders. Sie sind zurückhaltender, weil es keine konkreten Standards gibt.“
- Langsame Internetverbindung: Für die Nutzung von AR-Anwendungen sind eine gute Internetverbindung und mobile Daten erforderlich. Doch Deutschland liegt hier im europäischen Vergleich weit zurück, wenn es um schnelle und preisgünstige mobile Breitband- und Datenpakete geht.
3 Empfehlungen für eine effektive AR-Implementierung
Trotz dieser Herausforderungen gibt es nach wie vor großes Potenzial für die Augmented-Reality-Technologie im Marketing. Wie können also Marketingexperten AR-Anwendungen entwickeln und implementieren, die sowohl Kunden als auch die Führungsebene begeistern?
- Return on Investment über alle Use Cases hinweg messen: Die Erstinvestition sollte als einmalige Gesamtinvestition betrachtet werden. Bei der ROI-Messung sollten also alle AR-Use-Cases und nicht nur die Erstanwendung berücksichtigt werden.
- Die Marketingkampagne nicht vergessen: Die Einführung jeder neuen Funktion erfordert Marketing, um Aufmerksamkeit zu erwecken – bei einer neuen AR-Anwendung ist das nicht anders. „Wir sagen unseren Kund:innen immer, dass ein cooles AR-Erlebnis niemandem hilft, wenn keiner weiß, dass es da ist. Wir haben ein kleines Projekt für einen Autohersteller mit lediglich zwei Facebook-Anzeigen beworben. Mit riesigem Erfolg: Innerhalb von nur einer Woche stiegen die Downloads anschließend auf über 60.000. Die beste Anwendung ist erst dann richtig erfolgreich, wenn sie in ein umfassendes Marketing-Konzept eingebettet ist“, erklärt Schoenleben.
- Proof of Concept siegt über Gimmicks: Die Entwicklung einer AR-Anwendung, nur weil es die Technologie inzwischen gibt, wird scheitern. Wenn eine Anwendung jedoch einen Mehrwert bietet und die Zielgruppe dafür empfänglich ist, kann die Einführung echte Vorteile bringen. Schoenleben weist eindringlich darauf hin, dass jeder Proof of Concept mit angemessenen Ressourcen unterstützt werden muss; andernfalls werden die gewonnenen Learnings nur sehr begrenzt sein.
In AR-Bestform sein
Nach mehreren Jahren stetiger Entwicklung steht Augmented Reality kurz vor dem Durchbruch. Die AR-Technologie wird immer besser. Die großen Technologieunternehmen setzen darauf, dass AR und VR die Zukunft des Internets sein werden. Auch wenn am Anfang der Einführung einige Herausforderungen gemeistert werden müssen, deutet alles darauf hin, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis AR vollständig angekommen ist.